Artikel 5
Der Präsident der Republik wacht über die Einhaltung der Verfassung. Er
gewährleistet durch seinen Schiedsspruch die ordnungsgemäße Tätigkeit
der öffentlichen Gewalten sowie die Kontinuität des Staates. Er ist der
Garant der nationalen Unabhängigkeit, der Integrität des Staatsgebietes
und der Einhaltung der Verträge.
Artikel 6
Der Präsident der Republik wird in allgemeiner und unmittelbarer Wahl
für die Dauer von fünf Jahren gewählt. Die Durchführungsbestimmungen regelt
ein Organgesetz.
Artikel 7
Der Präsident der Republik wird mit der absoluten Mehrheit der abgegebenen
Stimmen gewählt. Wird diese im ersten Wahlgang nicht erreicht, so wird
am zweiten darauffolgenden Sonntag ein zweiter Wahlgang durchgeführt.
Für diesen dürfen sich nur die zwei Kandidaten zur Wahl stellen, die,
gegebenenfalls nach dem Rücktritt von Kandidaten, welche mehr Stimmen
auf sich vereinigen konnten, im ersten Wahlgang die meisten Stimmen erhalten
haben.
Der Wahltermin wird von der Regierung festgesetzt.
Die Wahl des neuen Präsidenten findet spätestens zwanzig Tage und frühe-stens
fünfunddreißig Tage vor Ablauf der Amtszeit des amtierenden Präsidenten
statt.
Im Falle der Vakanz des Amtes des Präsidenten der Republik, ganz gleich
aus welchem Grunde, oder im Falle der Verhinderung, die auf Antrag der
Regierung der Verfassungsrat mit der absoluten Mehrheit seiner Mitglieder
feststellt, werden die Befugnisse des Präsidenten der Republik, ausgenommen
diejenigen nach Artikel 11 und 12, vorübergehend vom Präsidenten des Senats
und, falls auch dieser an der Ausübung dieses Amtes gehindert ist, von
der Regierung wahrgenommen.
Im Falle der Vakanz des Amtes des Präsidenten oder wenn der Verfassungsrat
die Verhinderung für endgültig erklärt hat, findet die Wahl des neuen
Präsidenten, ausgenommen im Falle höherer Gewalt, welche vom Verfassungsrat
festgestellt wird, frühestens zwanzig Tage und spätestens fünfunddreißig
Tage nach Eintritt der Vakanz oder der Erklärung der endgültigen Verhinderung
statt.
Wenn innerhalb von sieben Tagen vor Ablauf der Frist für die Einreichung
der Kandidaturen eine Person, die weniger als dreißig Tage vor diesem
Zeitpunkt öffentlich ihre Entscheidung für eine Kandidatur erklärt hatte,
verstirbt oder verhindert ist, kann der Verfassungsrat die Verschiebung
der Wahl beschließen.
Wenn einer der Kandidaten vor dem ersten Wahlgang verstirbt oder verhindert
ist, erklärt der Verfassungsrat die Verschiebung der Wahl. Im Falle des
Ablebens oder der Verhinderung eines der beiden Kandidaten, die im ersten
Wahlgang, noch vor eventuellen Rücktritten, die meisten Stimmen auf sich
vereinigen konnten, erklärt der Verfassungsrat, daß der gesamte Wahlvorgang
zu wiederholen ist; das gleiche gilt bei Ableben oder Verhinderung eines
der beiden für den zweiten Wahlgang verbliebenen Kandidaten.
In allen Fällen wird der Verfassungsrat unter den in Artikel 61 Absatz
2 vorgesehenen Bedingungen oder nach Maßgabe der Bestimmungen über die
Einreichung einer Kandidatur in dem in Artikel 6 vorgesehenen Organgesetz
angerufen.
Der Verfassungsrat kann die in den Absätzen 3 und 5 vorgesehenen Fristen
verlängern. Die Wahl darf jedoch nicht später als fünfunddreißig Tage
nach der Entscheidung des Verfassungsrates stattfinden. Wird die Wahl
durch Anwendung dieses Absatzes auf einen Zeitpunkt nach Ablauf der Amtszeit
des amtierenden Präsidenten verschoben, so bleibt dieser bis zur Proklamierung
seines Nachfolgers im Amt.
Weder die Artikel 49 und 50 noch der Artikel 89 der Verfassung dürfen
während der Vakanz des Amtes des Präsidenten der Republik oder innerhalb
des Zeit-raums zwischen der Erklärung der endgültigen Verhinderung des
Präsidenten der Republik und der Wahl seines Nachfolgers angewandt werden.
Artikel 8
Der Präsident der Republik ernennt den Premierminister. Er entläßt ihn
aus seinem Amt, wenn dieser den Rücktritt der Regierung erklärt. Auf Vorschlag
des Premierministers ernennt und entläßt er die übrigen Mitglieder der
Regierung.
Artikel 9
Der Präsident der Republik führt den Vorsitz im Ministerrat.
Artikel 10
Der Präsident der Republik verkündet die Gesetze binnen fünfzehn Tagen
nach der Übermittlung des endgültig beschlossenen Gesetzes an die Regierung.
Er kann vor Ablauf dieser Frist vom Parlament eine neue Beratung des Gesetzes
oder einzelner Artikel desselben verlangen. Diese neue Beratung darf nicht
verweigert werden.
Artikel 11
Der Präsident der Republik kann - auf Vorschlag der Regierung während
der Sitzungsperioden oder auf gemeinsamen Vorschlag beider Kammern, welche
im Journal officiel veröffentlicht werden - jeden Gesetzentwurf zum Volksentscheid
bringen, der die Organisation der öffentlichen Gewalten sowie Reformen
der Wirtschafts- oder Sozialpolitik der Nation und der dazu beitragenden
öffentlichen Dienste betrifft oder auf die Ermächtigung zur Ratifikation
eines Vertrages abzielt, welcher, ohne gegen die Verfassung zu verstoßen,
Auswirkungen auf das Funktionieren der Institutionen hätte. Wird der Volksentscheid
auf Vorschlag der Regierung durchgeführt, gibt diese vor jeder Kammer
eine Erklärung ab, der sich eine Aussprache anschließt. Führt der Volksentscheid
zur Annahme des Gesetzentwurfs, so verkündet der Präsident der Republik
das Gesetz binnen fünfzehn Tagen nach der Verkündigung der Ergebnisse
der Volksbefragung.
Artikel 12
Der Präsident der Republik kann nach Beratung mit dem Premierminister
und den Präsidenten der Kammern die Nationalversammlung für aufgelöst
erklären. Die allgemeinen Wahlen finden frühestens zwanzig und spätestens
vierzig Tage nach der Auflösung statt.
Die Nationalversammlung tritt von Rechts wegen am zweiten Donnerstag nach
ihrer Wahl zusammen. Fällt dieses Zusammentreten nicht in den für die
ordentliche Sitzungsperiode vorgesehenen Zeitraum, so wird von Rechts
wegen eine Sitzungsperiode für die Dauer von fünfzehn Tagen eröffnet.
Keine neue Auflösung darf in dem auf diese Wahl folgenden Jahr vorgenommen
werden.
Artikel 13
Der Präsident der Republik unterzeichnet die im Ministerrat beschlossenen
gesetzesvertretenden Verordnungen und Dekrete. Er nimmt die Ernennung
zu den zivilen und militärischen Staatsämtern vor. Die Conseillers d'Etat,
der Großkanzler der Ehrenlegion, die Botschafter und außerordentlichen
Gesandten, die Haupträte am Rechnungshof, die Präfekten, die Regierungsvertreter
in den überseeischen Gebieten, die Offiziere im Generalsrang, die Rektoren
der Akademien (1) und die Direktoren der Zentralverwaltungen werden im
Ministerrat ernannt.
Ein Organgesetz bestimmt die weiteren Ämter, deren Besetzung im Ministerrat
beschlossen wird, ebenso die Bedingungen, unter denen das Ernennungsrecht
des Präsidenten der Republik von diesem übertragen werden kann, um in
seinem Namen ausgeübt zu werden.
Artikel 14
Der Präsident der Republik beglaubigt die Botschafter und die außerordentlichen
Gesandten bei den auswärtigen Mächten; die auswärtigen Botschafter und
außerordentlichen Gesandten werden bei ihm beglaubigt.
Artikel 15
Der Präsident der Republik ist Oberbefehlshaber der Streitkräfte. Er führt
den Vorsitz in den obersten Räten und Komitees der nationalen Verteidigung.
Artikel 16
Wenn die Institutionen der Republik, die Unabhängigkeit der Nation, die
Integrität ihres Staatsgebietes oder die Erfüllung ihrer internationalen
Verpflichtungen schwer und unmittelbar bedroht sind und wenn gleichzeitig
die ordnungsgemäße Ausübung der verfassungsmäßigen öffentlichen Gewalten
unterbrochen ist, ergreift der Präsident der Republik nach offizieller
Beratung mit dem Premierminister, den Präsidenten der Kammern sowie dem
Verfassungsrat die unter diesen Umständen erforderlichen Maßnahmen.
Er gibt sie der Nation durch eine Erklärung bekannt. Diese Maßnahmen müssen
von dem Willen getragen sein, den verfassungs-mäßigen öffentlichen Gewalten
innerhalb kürzester Frist die Mittel zu sichern, die sie zur Erfüllung
ihrer Aufgaben benötigen. Der Verfassungsrat ist hierzu anzuhören.
Das Parlament tritt unmittelbar von Rechts wegen zusammen. Die Nationalversammlung
darf während der Ausübung der außerordentlichen Vollmachten nicht aufgelöst
werden.
Artikel 17
Der Präsident der Republik übt das Begnadigungsrecht aus.
Artikel 18
Der Präsident der Republik verkehrt mit den beiden Kammern des Parlaments
durch Mitteilungen, die er verlesen läßt und über die keine Aussprache
stattfindet. Außerhalb der Sitzungsperioden wird das Parlament eigens
zu diesem Zweck einberufen.
Artikel 19
Die Verfügungen des Präsidenten der Republik werden mit Ausnahme derjenigen
nach Artikel 8 Absatz 1 sowie den Artikeln 11, 12, 16, 18, 54, 56 und
61 vom Premierminister und gegebenenfalls von den verantwortlichen Ministern
gegengezeichnet.
Index - Die Verfassung der französischen Republick
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