Art. 1[Menschenwürde,
Grundrechtsbindung der staatlichen Gewalt]
(1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen
ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.
(2) Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen
Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens
und der Gerechtigkeit in der Welt.
(3) Die nachfolgenden Grundrechte binden Gesetzgebung, vollziehende Gewalt
und Rechtsprechung als unmittelbar geltendes Recht.
Artikel 2 [Handlungsfreiheit, Freiheit der Person]
(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit,
soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige
Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.
(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die
Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund
eines Gesetzes eingegriffen werden.
Artikel 3 [Gleichheit vor dem Gesetz]
(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.
(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche
Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf
die Beseitigung bestehender Nachteile hin.
(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner
Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner
religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt
werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.
Artikel 4 [Glaubens-, Gewissens- und Bekenntnisfreiheit]
(1) Die Freiheit des Glaubens, des Gewissens und die Freiheit des religiösen
und weltanschaulichen Bekenntnisses sind unverletzlich.
(2) Die ungestörte Religionsausübung wird gewährleistet.
(3) Niemand darf gegen sein Gewissen zum Kriegsdienst mit der Waffe gezwungen
werden. Das Nähere regelt ein Bundesgesetz.
Artikel 5 [Meinungsfreiheit]
(1) Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei
zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen
ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung
durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht
statt.
(2) Diese Rechte finden ihre Schranken in den Vorschriften der allgemeinen
Gesetze, den gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze der Jugend und in dem
Recht der persönlichen Ehre.
(3) Kunst und Wissenschaft, Forschung und Lehre sind frei. Die Freiheit
der Lehre entbindet nicht von der Treue zur Verfassung.
Artikel 6 [Ehe und Familie, nichteheliche Kinder]
(1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen
Ordnung.
(2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern
und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. über ihre Betätigung wacht
die staatliche Gemeinschaft.
(3) Gegen den Willen der Erziehungsberechtigten dürfen Kinder nur auf
Grund eines Gesetzes von der Familie getrennt werden, wenn die Erziehungsberechtigten
versagen oder wenn die Kinder aus anderen Gründen zu verwahrlosen drohen.
(4) Jede Mutter hat Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge der Gemeinschaft.
(5) Den unehelichen Kindern sind durch die Gesetzgebung die gleichen Bedingungen
für ihre leibliche und seelische Entwicklung und ihre Stellung in der
Gesellschaft zu schaffen wie den ehelichen Kindern.
Artikel 7 [Schulwesen]
(1) Das gesamte Schulwesen steht unter der Aufsicht des Staates.
(2) Die Erziehungsberechtigten haben das Recht, über die Teilnahme des
Kindes am Religionsunterricht zu bestimmen.
(3) Der Religionsunterricht ist in den öffentlichen Schulen mit Ausnahme
der bekenntnisfreien Schulen ordentliches Lehrfach. Unbeschadet des staatlichen
Aufsichtsrechtes wird der Religionsunterricht in Übereinstimmung mit den
Grundsätzen der Religionsgemeinschaften erteilt. Kein Lehrer darf gegen
seinen Willen verpflichtet werden, Religionsunterricht zu erteilen.
(4) Das Recht zur Errichtung von privaten Schulen wird gewährleistet.
Private Schulen als Ersatz für öffentliche Schulen bedürfen der Genehmigung
des Staates und unterstehen den Landesgesetzen. Die Genehmigung ist zu
erteilen, wenn die privaten Schulen in ihren Lehrzielen und Einrichtungen
sowie in der wissenschaftlichen Ausbildung ihrer Lehrkräfte nicht hinter
den öffentlichen Schulen zurückstehen und eine Sonderung der Schüler nach
den Besitzverhältnissen der Eltern nicht gefördert wird. Die Genehmigung
ist zu versagen, wenn die wirtschaftliche und rechtliche Stellung der
Lehrkräfte nicht genügend gesichert ist.
(5) Eine private Volksschule ist nur zuzulassen, wenn die Unterrichtsverwaltung
ein besonderes pädagogisches Interesse anerkennt oder, auf Antrag von
Erziehungsberechtigten, wenn sie als Gemeinschaftsschule, als Bekenntnis-
oder Weltanschauungsschule errichtet werden soll und eine öffentliche
Volksschule dieser Art in der Gemeinde nicht besteht.
(6) Vorschulen bleiben aufgehoben.
Artikel 9 [Vereinigungsfreiheit]
(1) Alle Deutschen haben das Recht, Vereine und Gesellschaften zu bilden.
(2) Vereinigungen, deren Zwecke oder deren Tätigkeit den Strafgesetzen
zuwiderlaufen oder die sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder gegen
den Gedanken der Völkerverständigung richten, sind verboten.
(3) Das Recht, zur Wahrung und Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen
Vereinigungen zu bilden, ist für jedermann und für alle Berufe gewährleistet.
Abreden, die dieses Recht einschränken oder zu behindern suchen, sind
nichtig, hierauf gerichtete Maßnahmen sind rechtswidrig. Maßnahmen nach
den Artikeln 12a, 35 Abs. 2 und 3, Artikel 87a Abs. 4 und Artikel 91 dürfen
sich nicht gegen Arbeitskämpfe richten, die zur Wahrung und Förderung
der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen von Vereinigungen im Sinne des
Satzes 1 geführt werden.
Artikel 10 [Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnis]
(1) Das Briefgeheimnis sowie das Post- und Fernmeldegeheimnis sind unverletzlich.
(2) Beschränkungen dürfen nur auf Grund eines Gesetzes angeordnet werden.
Dient die Beschränkung dem Schutze der freiheitlichen demokratischen Grundordnung
oder des Bestandes oder der Sicherung des Bundes oder eines Landes, so
kann das Gesetz bestimmen, daß sie dem Betroffenen nicht mitgeteilt wird
und daß an die Stelle des Rechtsweges die Nachprüfung durch von der Volksvertretung
bestellte Organe und Hilfsorgane tritt.
Artikel 11 [Freizügigkeit]
(1) Alle Deutschen genießen Freizügigkeit im ganzen Bundesgebiet.
(2) Dieses Recht darf nur durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes und
nur für die Fälle eingeschränkt werden, in denen eine ausreichende Lebensgrundlage
nicht vorhanden ist und der Allgemeinheit daraus besondere Lasten entstehen
würden oder in denen es zur Abwehr einer drohenden Gefahr für den Bestand
oder die freiheitliche demokratische Grundordnung des Bundes oder eines
Landes, zur Bekämpfung von Seuchengefahr, Naturkatastrophen oder besonders
schweren Unglücksfällen, zum Schutze der Jugend vor Verwahrlosung oder
um strafbaren Handlungen vorzubeugen, erforderlich ist.
Artikel 12 [Berufsfreiheit, Verbot der Zwangsarbeit]
(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte
frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines
Gesetzes geregelt werden.
(2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im
Rahmen einer herkömmlichen allgemeinen, für alle gleichen öffentlichen
Dienstleistungspflicht.
(3) Zwangsarbeit ist nur bei einer gerichtlich angeordneten Freiheitsentziehung
zulässig.
Artikel 12a [Wehr- und Dienstpflicht]
(1) Männer können vom vollendeten achtzehnten Lebensjahr an zum Dienst
in den Streitkräften, im Bundesgrenzschutz oder in einem Zivilschutzverband
verpflichtet werden.
(2) Wer aus Gewissensgründen den Kriegsdienst mit der Waffe verweigert,
kann zu einem Ersatzdienst verpflichtet werden. Die Dauer des Ersatzdienstes
darf die Dauer des Wehrdienstes nicht übersteigen. Das Nähere regelt ein
Gesetz, das die Freiheit der Gewissensentscheidung nicht beeinträchtigen
darf und auch eine Möglichkeit des Ersatzdienstes vorsehen muß, die in
keinem Zusammenhang mit den Verbänden der Streitkräfte und des Bundesgrenzschutzes
steht.
(3) Wehrpflichtige, die nicht zu einem Dienst nach Absatz 1 oder 2 herangezogen
sind, können im Verteidigungsfalle durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes
zu zivilen Dienstleistungen für Zwecke der Verteidigung einschließlich
des Schutzes der Zivilbevölkerung in Arbeitsverhältnisse verpflichtet
werden; Verpflichtungen in öffentlich-rechtliche Dienstverhältnisse sind
nur zur Wahrnehmung polizeilicher Aufgaben oder solcher hoheitlichen Aufgaben
der öffentlichen Verwaltung, die nur in einem öffentlich- rechtlichen
Dienstverhältnis erfüllt werden können, zulässig. Arbeitsverhältnisse
nach Satz 1 können bei den Streitkräften, im Bereich ihrer Versorgung
sowie bei der öffentlichen Verwaltung begründet werden; Verpflichtungen
in Arbeitsverhältnisse im Bereiche der Versorgung der Zivilbevölkerung
sind nur zulässig, um ihren lebensnotwendigen Bedarf zu decken oder ihren
Schutz sicherzustellen.
(4) Kann im Verteidigungsfalle der Bedarf an zivilen Dienstleistungen
im zivilen Sanitäts-und Heilwesen sowie in der ortsfesten militärischen
Lazarettorganisation nicht auf freiwilliger Grundlage gedeckt werden,
so können Frauen vom vollendeten achtzehnten bis zum vollendeten fünfundfünfzigsten
Lebensjahr durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes zu derartigen Dienstleistungen
herangezogen werden. Sie dürfen auf keinen Fall zum Dienst mit der Waffe
verpflichtet werden.
(5) Für die Zeit vor dem Verteidigungsfalle können Verpflichtungen nach
Absatz 3 nur nach Maßgabe des Artikels 80a Abs. 1 begründet werden. Zur
Vorbereitung auf Dienstleistungen nach Absatz 3, für die besondere Kenntnisse
oder Fertigkeiten erforderlich sind, kann durch Gesetz oder auf Grund
eines Gesetzes die Teilnahme an Ausbildungsveranstaltungen zur Pflicht
gemacht werden. Satz 1 findet insoweit keine Anwendung.
(6) Kann im Verteidigungsfalle der Bedarf an Arbeitskräften für die in
Absatz 3 Satz 2 genannten Bereiche auf freiwilliger Grundlage nicht gedeckt
werden, so kann zur Sicherung dieses Bedarfs die Freiheit der Deutschen,
die Ausübung eines Berufs oder den Arbeitsplatz aufzugeben, durch Gesetz
oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden. Vor Eintritt des Verteidigungsfalles
gilt Absatz 5 Satz 1 entsprechend.
Artikel 13 [Unverletzlichkeit der Wohnung]
(1) Die Wohnung ist unverletzlich.
(2) Durchsuchungen dürfen nur durch den Richter, bei Gefahr im Verzuge
auch durch die in den Gesetzen vorgesehenen anderen Organe angeordnet
und nur in der dort vorgeschriebenen Form durchgeführt werden.
(3) Begründen bestimmte Tatsachen den Verdacht, daß jemand eine durch
Gesetz einzeln bestimmte besonders schwere Straftat begangen hat, so dürfen
zur Verfolgung der Tat auf Grund richterlicher Anordnung technische Mittel
zur akustischen Überwachung von Wohnungen, in denen der Beschuldigte sich
vermutlich aufhält, eingesetzt werden, wenn die Erforschung des Sachverhalts
auf andere Weise unverhältnismäßig erschwert oder aussichtslos wäre. Die
Maßnahme ist zu befristen. Die Anordnung erfolgt durch einen mit drei
Richtern besetzten Spruchkörper. Bei Gefahr in Verzuge kann sie auch durch
einen einzelnen Richter getroffen werden.
(4) Abwehr dringender Gefahren für die öffentliche Sicherheit, insbesondere
einer gemeinen Gefahr oder einer Lebensgefahr, dürfen technische Mittel
zur Überwachung von Wohnungen nur auf Grund richterlicher Anordnung eingesetzt
werden. Bei Gefahr im Verzuge kann die Maßnahme auch durch eine andere
gesetzlich bestimmte Stelle angeordnet werden; eine richterliche Entscheidung
ist unverzüglich nachzuholen.
(5) Sind technische Mittel ausschließlich zum Schutze der bei einem Einsatz
in Wohnungen tätigen Personen vorgesehen, kann die Maßnahme durch eine
gesetzlich bestimmte Stelle angeordnet werden. Eine anderweitige Verwertung
der hierbei erlangten Erkenntnisse ist nur zum Zwecke der Strafverfolgung
oder der Gefahrenabwehr und nur zulässig, wenn zuvor die Rechtmäßigkeit
der Maßnahme richterlich festgestellt ist; bei Gefahr im Verzuge ist die
richterliche Entscheidung unverzüglich nachzuholen.
(6) Die Bundesregierung unterrichtet den Bundestag jährlich über den nach
Absatz 3 sowie über den im Zuständigkeitsbereich des Bundes nach Absatz
4 und, soweit richterlich überprüfungsbedürftig, nach Absatz 5 erfolgten
Einsatz technischer Mittel. Ein vom Bundestag gewähltes Gremium übt auf
der Grundlage dieses Berichts die parlamentarische Kontrolle aus. Die
Länder gewährleisten eine gleichwertige parlamentarische Kontrolle.
(7) Eingriffe und Beschränkungen dürfen im übrigen nur zur Abwehr einer
gemeinen Gefahr oder einer Lebensgefahr für einzelne Personen, auf Grund
eines Gesetzes auch zur Verhütung dringender Gefahren für die öffentliche
Sicherheit und Ordnung, insbesondere zur Behebung der Raumnot, zur Bekämpfung
von Seuchengefahr oder zum Schutze gefährdeter Jugendlicher vorgenommen
werden.
Artikel 14 [Eigentum, Erbrecht, Enteignung]
(1) Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und Schranken
werden durch die Gesetze bestimmt.
(2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit
dienen.
(3) Eine Enteignung ist nur zum Wohle der Allgemeinheit zulässig. Sie
darf nur durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes erfolgen, das Art
und Ausmaß der Entschädigung regelt. Die Entschädigung ist unter gerechter
Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und der Beteiligten zu bestimmen.
Wegen der Höhe der Entschädigung steht im Streitfalle der Rechtsweg vor
den ordentlichen Gerichten offen.
Artikel 15 [Sozialisierung]
Grund und Boden, Naturschätze und Produktionsmittel können zum Zwecke
der Vergesellschaftung durch ein Gesetz, das Art und Ausmaß der Entschädigung
regelt, in Gemeineigentum oder in andere Formen der Gemeinwirtschaft überführt
werden. Für die Entschädigung gilt Artikel 14 Abs. 3 Satz 3 und 4 entsprechend.
Artikel 16 [Staatsangehörigkeit]
(1) Die deutsche Staatsangehörigkeit darf nicht entzogen werden. Der Verlust
der Staatsangehörigkeit darf nur auf Grund eines Gesetzes und gegen den
Willen des Betroffenen nur dann eintreten, wenn der Betroffene dadurch
nicht staatenlos wird.
(2) Kein Deutscher darf an das Ausland ausgeliefert werden. Durch Gesetz
kann eine abweichende Regelung für Auslieferungen an einen Mitgliedstaat
der Europäischen Union oder an einen internationalen Gerichtshof getroffen
werden, soweit rechtsstaatliche Grundsätze gewährt sind.
Artikel 16a [Asylrecht]
(1) Politisch Verfolgte genießen Asylrecht.
(2) Auf Absatz 1 kann sich nicht berufen, wer aus einem Mitgliedstaat
der Europäischen Gemeinschaften oder aus einem anderen Drittstaat einreist,
in dem die Anwendung des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge
und der Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten sichergestellt
ist. Die Staaten außerhalb der Europäischen Gemeinschaften, auf die die
Voraussetzungen des Satzes 1 zutreffen, werden durch Gesetz, das der Zustimmung
des Bundesrates bedarf, bestimmt. In den Fällen des Satzes 1 können aufenthaltsbeendende
Maßnahmen unabhängig von einem hiergegen eingelegten Rechtsbehelf vollzogen
werden.
(3) Durch Gesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, können Staaten
bestimmt werden, bei denen auf Grund der Rechtslage, der Rechtsanwendung
und der allgemeinen politischen Verhältnisse gewährleistet erscheint,
daß dort weder politische Verfolgung noch unmenschliche oder erniedrigende
Bestrafung oder Behandlung stattfindet. Es wird vermutet, daß ein Ausländer
aus einem solchen Staat nicht verfolgt wird, solange er nicht Tatsachen
vorträgt, die die Annahme begründen, daß er entgegen dieser Vermutung
politisch verfolgt wird.
(4) Die Vollziehung aufenthaltsbeendender Maßnahmen wird in den Fällen
des Absatzes 3 und in anderen Fällen, die offensichtlich unbegründet sind
oder als offensichtlich unbegründet gelten, durch das Gericht nur ausgesetzt,
wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Maßnahme bestehen; der
Prüfungsumfang kann eingeschränkt werden und verspätetes Vorbringen unberücksichtigt
bleiben. Das Nähere ist durch Gesetz zu bestimmen.
(5) Die Absätze 1 bis 4 stehen völkerrechtlichen Verträgen von Mitgliedstaaten
der Europäischen Gemeinschaften untereinander und mit dritten Staaten
nicht entgegen, die unter Beachtung der Verpflichtungen aus dem Abkommen
über die Rechtsstellung der Flüchtlinge und der Konvention zum Schutze
der Menschenrechte und Grundfreiheiten, deren Anwendung in den Vertragsstaaten
sichergestellt sein muß, Zuständigkeitsregelungen für die Prüfung von
Asylbegehren einschließlich der gegenseitigen Anerkennung von Asylentscheidungen
treffen.
Artikel 17 [Petitionsrecht]
Jedermann hat das Recht, sich einzeln oder in Gemeinschaft mit anderen
schriftlich mit Bitten oder Beschwerden an die zuständigen Stellen und
an die Volksvertretung zu wenden.
Artikel 17a [Einschränkung einzelner Grundrechte durch Gesetze für
Zwecke der Verteidigung und über Ersatzdienst]
(1) Gesetze über Wehrdienst und Ersatzdienst können bestimmen, daß für
die Angehörigen der Streitkräfte und des Ersatzdienstes während der Zeit
des Wehr- oder Ersatzdienstes das Grundrecht, seine Meinung in Wort, Schrift
und Bild frei zu äußern und zu verbreiten (Artikel 5 Abs. 1 Satz 1 erster
Halbsatz), das Grundrecht der Versammlungsfreiheit (Artikel 8) und das
Petitionsrecht (Artikel 17), soweit es das Recht gewährt, Bitten oder
Beschwerden in Gemeinschaft mit anderen vorzubringen, eingeschränkt werden.
(2) Gesetze, die der Verteidigung einschließlich des Schutzes der Zivilbevölkerung
dienen, können bestimmen, daß die Grundrechte der Freizügigkeit (Artikel
11) und der Unverletzlichkeit der Wohnung (Artikel 13) eingeschränkt werden.
Artikel 18 [Verwirkung von Grundrechten]
Wer die Freiheit der Meinungsäußerung, insbesondere die Pressefreiheit
(Artikel 5 Abs. 1), die Lehrfreiheit (Artikel 5 Abs. 3), die Versammlungsfreiheit
(Artikel 8), die Vereinigungsfreiheit (Artikel 9), das Brief-, Post- und
Fernmeldegeheimnis (Artikel 10), das Eigentum (Artikel 14) oder das Asylrecht
(Artikel 16a) zum Kampfe gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung
mißbraucht, verwirkt diese Grundrechte. Die Verwirkung und ihr Ausmaß
werden durch das Bundesverfassungsgericht ausgesprochen.
Artikel 19 [Einschränkung von Grundrechten]
(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf
Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein
und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht
unter Angabe des Artikels nennen.
(2) In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet
werden.
(3) Die Grundrechte gelten auch für inländische juristische Personen,
soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind.
(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt,
so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht
begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Artikel 10 Abs.
2 Satz 2 bleibt unberührt.
Index - Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland
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