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NÜRNBERGER ABKOMMEN
Gemeinsames deutsch-französisches
Sicherheits- und Verteidigungskonzept
gebilligt bei der 16. Sitzung des Deutsch-Französischen
Verteidigungs- und Sicherheitsrates

.

Nürnberg, 9. Dezember 1996

Präambel

Deutschland und Frankreich unterstreichen ihren Willen, gemeinsam die notwendigen Schlub folgerungen aus den veränderten Rahmenbedingungen für die Sicherheit in Europa zu ziehen und dabei ihrer historischen Verantwortungc zur Förderung der europäischen Integration gerecht zu werden.

In diesem Sinne hat der Deutsch-Französische Verteidigungs- und Sicherheitsrat beschlossen, der deutsch-französischen Zusammenarbeit im Bereich der Sicherheit und der Verteidigung einen neuen Impuls in einer europäischen wie auch atlantischen Perspektive zu verleihen.

Deshalb sind unsere beiden Länder entschlossen, einvernehmlich die Entwicklung einer Europäischen Sicherheits und Verteidigungsidentität im Rahmen der Erneuerung der Allianz voranzutreiben und die transatlantische Partnerschaft mit den nordamerikanischen Staaten auf eine neue und feste Grundlage zu stellen.

Im Rahmen der Europäischen Union werden sich unsere beiden Länder für die Verwirklichung einer gemeinsamen Europäischen Verteidigungspolitik und für die schrittweise Integration der WEU in die Europäische Union einsetzen.

Die europäischen und die atlantischen Institutionen werden sich weiter öffnen. Unsere beiden Länder beteiligen sich daher aktiv an der Erarbeitung der Rahmenbedigungen, nach denen sich die neuen Mitgliedsstaaten und die verschiedenen Partner, soweit sie jeweils betroffen sind, an der gemeinsamen Ausführung der Verteidigungsaufgaben des Bündnisses sowie der Krisenoperationen, die unter der Verantwortung der Völkergemeinschaft durchgeführt werden, beteligen werden.

Das vorliegende gemeinsame deutsch-französische Sicherheits- und Verteidigungskonzept bildet den Rahmen für die Fortentwicklung der bilateralen Beziehungen zwischen Deutschland und Frankreich für den Bereich der Sicherheit und der Verteidigung. Das Konzept beruht im wesentlichen auf den folgenden vier Elementen:

- gemeinsame Zielsetzungen für unsere Sicherheits- und Verteidigungspolitik;

- gemeisame Analyse der Rahmenbedigungen für die Sicherheit unserer Länder;

- gemeinsamer Ansatz für die Strategie und die Aufgaben der Streitkräfte;

- gemeisame Leitlinien für die militärische Zusammenarbeit für die Herausbildung gemeinsamer Fähigkeiten und für die Rüstungspolitik.

Die Arbeitsgremien des Deutsch-Französischen Veteidigungs- und Sicherheitsrates werden sich bei den weiteren Untersuchungen zur Intensivierung der Zusammenarbeit im militarischen und im Rüstungsbereich an diesem gemeisamen Konzept und an den vom Rat vorgegebenen Leitlinien orientieren.

I. Frankreich und Deutschland: eine Schicksaals- und Interessengemeinschaft

Die Schicksaalsgemeinschaft, die Deutschland und Frankreich verbindet, gründet sich insbesondere auf die Übereinstimmung in strategischen und gesellschaftspolitischen Grundfragen. Deutschland und Frankreich betrachten die äub ere und innere Sicherheit als zentrale Staatsaufgaben, deren Erfüllung auf die Einbeziehung der gesamten Nation, insbesondere der Jugend, angewiesen ist.

I.1.Unsere Sicherheitsinteressen sind zunehmend miteinander verflochten.

Die fortschreitende europäische Integration verstärkt die politischen und wirtschaftlichen sowie die gesellschaftlichen und Handelsverbindungen zwischen unseren Staaten in einem Mab e, das ihre Sicherheitsinteressen untrennbar werden läb t.

Aufgrund ihrer geographischen Situation, ihres demographischen und wirtschaftlichen Gewichts und ihres bisherigen Engagements fiir den europäischen Aufbau sind Frankreich und Deutschland als Mitglieder der Europäischen Union, der Atlantischen Allianz und der WEU im Zentrum eines Netzes der Solidarität.

I.2. Gemeinsame Zielsetzungen

Die von unseren Ländern gemeinsam definierte Sicherheits- und Verteidigungspolitik hat zum Ziel:

- Sicherstellung der Integrität unserer nationalen Territorien, freie Ausübung unserer Souveränität und Schutz unserer Bürger;

- Koordinierte Verstärkung unseres Beitrages für die mit der kollektiven Verteidigung in Europa betrauten militärischen Bündnisse (Atlantische Allianz,WEU).

- Erhaltung und Stärkung der Stabilität des europäischen Kontinents und seiner Randzonen, einschlieb lich des Mittelmeerraums, sowie in den für die wirtschaftlichen Aktivitäten und für den freien Handel unserer Länder wichtigen Regionen;

- Beitrag zur weltweiten Erhaltung des Friedens und der internationalen Sicherheit in Übereinstimmung mit den Grundsätzen der Charta der Vereinten Nationen und den Zielen der Gemeinsamen Aub en- und Sicherheitspolitik der Europäischen Union; durch Abstimmung über den Einsatz, den jeder zur Verhütung und Bewältigung von Krisen zu leisten bereit ist; durch koordinierte Wahrnehmung unserer Verantwortlichkeiten innerhalb der Vereinten Nationen.

II. Gemeinsame Bewertung des sicherheitspolitischen Umfeld

II.1. Risiken und Chancen

Unsere beiden Länder sehen sich den gleichen Risiken ausgesetzt und verfügen über die gleichen Chancen für Kooperation und Stabilitätserhalt in und für Europa.

Der Zusammenbruch der UDSSR, die Auflösung des Warschauer Paktes und die Wiedervereinigung Deutschlands haben die Aufteilung Europas in zwei miteinander rivalisierende Blöcke sowie die massive militärische Bedrohung, die an unseren Grenzen existierte, beendet, Deutschland und Frankreich liegen nicht mehr in der Reichweite eines zu raumgreifenden strategischen Operationen befähigten Gegners. Im Osten Europas besteht aber noch für lange Zeit ein überdimensioniertes militärisches Arsenal fort, dessen, Entwicklung und Kontrolle weiterhin Anlab zur Sorge geben. Die Notwendigkeit zur Landes- und Bündnisverteidigung bleibt erhalten, weil eine grundlegende Veränderung der Rahmenbedingungen für die Sicherheit in Europa nicht ausgeschlossen werden kann.

Demgegenüber zeichnen sich Instabilitäten, Krisen und Konflikte in Verbindung mit Grenzstreitigkeiten, mit Fragen nationaler Minderheiten oder mit interethnischen Rivalitäten in anderen Teilen Europas und an seiner Peripherie ab. Sie können sich zu Krisen entwickeln, die sich jederzeit ausweiten und in Konflikte einmünden und dabei unsere Länder direkt betreffen können.

Aub erhalb der Grenzen Europas stellen hegemonistische Ambitionen einiger regionaler Mächte sowie die Proliferation von Massenvernichtungswaffen - sehr häufig als miteinander verbundene Phänomene zusätliche Risiken dar.

Aub erdem sieht sich unsere Sicherheit Risiken ausgestzt, die nicht im Rahmen der zwischenstaatlichen Beziehungen anzusiedeln sind : terroristische Aktivitäten, Ausbreitung des organisierten Verbrechens, des Waffen- und des Drogenhandels.

Aus alledem ergibt sich , dab sich unsere gemeinsame Sicherheitsvorsorge nicht mehr so sehr gegen eine eindeutige militärische Bedrohung richtet, sondern mehr auf die Vorbeugung gegen Risiken und auf die Bewältigung von Krisen ausgerichtet sein mub , die sich in Europa entwickeln oder die Sicherheit Europas betreffen können.

II.2 Ein gemeinsamer Rahmen.

Unsere beiden Länder ordnen ihre Sicherheits- und Verteidigungspolitik gemeinsam in den Grundsatzrahmen der Charta der Vereinten Nationen und der OSZE ein. Frankreich unterstützt die Aufnahme Deutschlands in den Sicherheitsrat der Vereinten Nationen.

Die Allianz bleibt eine unerläb liche Garantie für Europas Stabilität und Sicherheit. Seit etwa 50 Jahren hat diese die transatlantische Verbindung verkörpernde Institution ihren politischen und militärischen Nutzen bewiesen. Wir haben vor, die Allianz zu erneuern, damit sie ein wirksames militärisches Instrument im neuen strategischen Kontext bleibt und den transatlantischen Verbund auf der Basis einer dauerhaften Partnerschaft mit den Vereinigten Staaten ebenso gewährleistet wie die Europäische Sicherheits- und Verteidigungsidentität mit der Fähigkeit der Europäer zu eigenständigem, solidarischem Handeln.

Wir wollen die Entwicklung einer gemeinsamen europäischen Verteidigungspolitik unter dem Dach des Europäischen Rates voranbringen. Für unsere beiden Länder mub die Europäische Union eine solidarische Gemeinschaft darstellen, auch im Verteidigungsbereich. Wir treten daher ein für die Verwirklichung der verteidigungspolitischen Perspektive des EU-Vertrages. In diesem Sinne verfolgen unsere beiden Länder gemeinsam das Ziel, die WEU zu gegebener Zeit in die Europäische Union zu überführen. Die Europäer müssen in der Lage sein, eine Operation in eigener Verantwortlichkeit durchzuführen, auch unter Nutzung von Mitteln der Allianz.

Unsere beiden Länder treten ein für die Schaffung einer alle Staaten Europas umfassenden kooperativen Sicherheitsordnung. Neben der europäisch-atlantischen Verankerung gewinnt die enge Zusammenarbeit mit unseren östlichen und südlichen Nachbarn immer gröb ere Bedeutung für die europäische Sicherheit.

Europäische Solidarität ist für unsere beiden Länder zuerst ihre privilegierte Beziehung im Verteidigungsbereich, die sich auf den Elysée-Vertrag vom 22.Januar 1963 und das Protokoll von 1988 gründet, mit dem der Verteidigungs- und Sicherheitsrat geschaffen wurde. Dieser Anspruch findet seinen Niederschlag in der Realisierung mehrerer gemeinsamer Projekte im militärischen wie industriellen Bereich. Der Verteidigungs- und Sicherheitsrat mub das priviligierte Instrument zur Definition einer gemeinsamen deutsch-französischen Verteidigungspolitik werden.

III.Ein gemeinsamer strategischer Ansatz.

III.1. Für ein gemeinsames Verständnis der Rolle unserer Streitkräfte.

In der verbesserten Sicherheitslage in Europa bleibt die Landes- und Bündnisverteidigung und die gestiegene Bedeutung wirkungsvoller präventiver Krisenbewältigung der allgemeine Bezugsrahmen für die Aufgaben unserer Streitkräfte. Für diese Aufgaben ist eine breite Reaktionspalette geographischen Umfeld erforderlich.

Unsere beiden Länder messen der Umstezung einer Strategie für die Verhinderung von Konflikten jeglicher Art, die ihre vitalen Interessen oder ihre Sicherheitsinteressen in Frage stellen können, eine grob e Bedeutung bei. Dies schlieb t die Schaffung stategischer Aufklärungsmittel zur unabhängigen Beurteilung von Krisensituationen ein.

Der Schutz unserer nationalen Territorien vor militärscher Bedrohung oder jeglicher Form der Gefährdung der Sicherheit behält fundamentale Bedeutung. Die in dieser Hinsicht von unseren beiden Ländern entwickelte umfassende Konzeption ihrer Verteidigung ist auf den Schutz gegen jede Form von Aggression ausgerichtet. Frieden und Stabilität in Europa werden entscheidend von der Substanz des Gesamtsdispositivs für Landes- und Bündnisverteidigung bestimmt. Die Substanz ist abhängig von der Qualität der präsenten Streitkräfte, aber auch von ihrer Fähigkeit zu Aufwuchs und Regeneration.

Die kollektive Verteidigung beruht auf einer den neuen strategischen Gegebenheiten angepab ten Zusammensetzung von konventionellen und nuklearen Kräften. Die höchste Sicherheitsgarantie der Verbündeten wird durch die strategischen Nuklearkräfte des Bündnisses, insbesondere der Vereinigten Staaten, sichergestellt; die unabhängigen Nuklearstreitkräfte des Vereinigten Königreichs und Frankreichs, die eine ihnen eigene Abschreckungsfunktion erfüllen, tragen zur globalen Abschreckung und Sicherheit der Verbündeten bei. Unsere beiden Länder sind bereit, einen Dialog über.die Rolle der nuklearen Abschreckung im Kontext der Europäischen Verteidigungspolitik auf zunehmen.

Die Gesamtheit unserer konventionellen Streitkräfte, einschlieb lich der schnell verlegbaren Krisenreaktionskräfte, bleibt vorrangig verfügbar für die Verteidigung der Verbündeten im Rahmen der Verpflichtungen, die sich aus dem modifizierten Brüsseler und dem Washingtoner Vertrag ergeben. Das EUROKORPS, der aufgrund einer Initiative unserer beiden Länder geschaffene und seit kurzem einsatzbereite multinationale europäische Grob verband, ist Ausdruck dieses gemeinsamen Engagements für die kollektive Verteidigund.

Unsere beiden Länder wollen darüber hinaus aktiv zur Erhaltung des Friedens und der internationalen Sicherheit beitragen. Sie können sich in diesem Sinne bereit finden, in sehr unterschiedlicher Form an verschiedenen Einsätzen der Krisenbewältigung im Auftrage des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen oder in Verantwortung der OSZE, im Rahmen der Allianz oder der WEU teilzunehmen.

Der Besitz schnell verfügbarer und innerhalb wie aub erhalb Europas verlegbarer militärischer Kräfte, die leicht in multinationale Strukturen zu integrieren sind, ist wichtig. Solche Mittel werden sowohl für die kollektive Verteidigung als auch für die Krisenbewältigung gebraucht.

III.2. Für eine gröb ere Komplementarität zwischen unseren Streitkräften

Die deutsch-französische Zusamrnenarbeit im sicherheits- und veteidigungspolitischen Bereich, die von Anbeginn in einer europäischen Perspektive stand, hat eine besondere Qualität erreicht. Sie findet ihren Niederschlag in der Realisierung zahlreicher gemeinsamer Projekte im Bereich der militärischen Zusammenarbeit im Bereich der Rüstungszusammenarbeit und im Bereich der raumgestützten Aufklärung.

Mit unserer Zusammenarbeit beabsichtigen wir, die Wirksamkeit unserer jeweiligen Verteidigungsinstrumente zu erhalten und zu verstärken. Es kommt darauf an, mögliche Lücken auszugleichen und gleichzeitig das beste Kosten-Nutzen-Verhältnis in der Umsetzung unserer Verteidigungspolitik anzustreben, unter Beachtung des Grundsatzes, vorhandene Mittel nicht zu duplizieren. Der Schwerpunkt sollte dabei auf die gemeinsam zu bestimmenden Kernfähigkeiten der Streitkräfte gelegt werden, insbesondere auf Interoperabilität, Führungsmittel, Aufklärung, Langstreckentransport, Logistik.

Die systematische Suche nach Komplementaritäten führt zur Zusammenlegung militärischer Mittel. Sie könnte in folgende Richtungen gelenkt werden :

- Überlegungen in bezug auf die Aufträge der Streitkräfte beider Länder sowie der multinationalen europäischen Streitkräfte;

- Gemeinsamer Ansatz für die Krisenbewältigung;

- Fortentwicklung der operativen Zusammenarbeit;

- Suche nach gröb erer Flexibilität und einer gröb eren Anpassung hinsichtlich Organisation und Einsatz unserer militärischen Mittel.

III.3. Für eine gemeinsame Rüstungspolitik

Im Rüstungsbereich sehen sich unsere Länder einem sehr schwierigen internationalen Kontext gegenüber, der durch die Verminderung der Ausrüstungsbudgets und durch steigenden Konkurrenzdruck gekennzeichnet wird.

Europa mub daher über eine wettbewerbfähige Industrie- und Technologiebasis im Bereich der Verteidigung verfügen, die den Staaten die Beschaffung des für die Ausrüstung ihrer Streitkräfte benötigten Materials im besten Kosten-Nutzen-Verhältnis ermöglicht. Der Aufbau einer solchen Industiebasis, der Abbau vorhandener Überkapazitäten und die Schaffung einer wirklichen industriellen und technologischen Komplementarität zwischen den Partnerländern müssen sich auf konkrete Kooperationsprojekte abstützen und die Ausstattung der Streitkräfte in jedem Falle sicherstellen. Wir wollen eine umfassende europäische Rüstungspolitik entwickeln und dabei die transatlantische Kooperation erhalten.

Die gegenseitige Abhängigkeit der französischen und deutschen Verteidigungsindustrie wird immer gröb er. Wir wollen unsere Rüstungspolitik in noch gröb erem Umfang zusammenführen. Die von unseren Verteidigungsindustrien eingeleiteten Restrukturierungsmab nahmen bieten die Gelegenheit für eine gemeinsame Politik, die darauf abzielt, die Fähigkeiten der für unsere beiden Länder und für Europa strategisch bedeutsamen Verteidigungsindustrie weiterzuentwickeln. Diese Reformen stehen von Anbeginn in dieser Perspektive. Beide Länder stimmen darin überein, im Bereich der Ausrüstungspolitik gegenseitig gewollte Abhängigheiten zu schaffen.

Um zu diesen Zielen zu gelangen, ist im Rüstungsbereich eine gemeinsame Programmpolitik erforderlich. Unsere beiden Länder haben dafür die Basis gelegt, als sie beim Gipfel in Baden-Baden eine gemeinsame Kooperationsstruktur geschaffen haben, die mit der Verwaltung der bilateralen Programme und der Zukunftbereitung in einer europäischen Perspektive beauftragt ist.

IV.Leitlinien für die militärische und Rüstungszusammenarbeit.

Der Deutsch-Französischen Verteidigungs-und Sicherheitsrat, privilegiertes Instrument zur Definition einer gemeinsamer deutsch-französischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik, gibt die allgemeinen Orientierungen für die Ausgestaltung der weiteren Zusammenarbeit vor.

IV.1. Leitlinien für die gemeinsame Zukunftsvorbereitung.

Deutschland und Frankreich stimmen darin überein, dab eine gemeinsame Planung notwendig ist, die deshalb vorrangiges Ziel unserer Bestrebungen sein mub . In diesem Sinne gilt es, die Planungsverfahren zunächst darauf auszurichten, die Ergebnisse in die Zukunft gerichteter Studien abzustimmen, daraus die von den Streitkräften zu fordernden Fähigkeiten abzuleiten und schlieb lich einen Zeitplan für die Ausrüstungsbeschaffung zu erstellen.

Zu diesen Zweck werden die Führungsstäbe der Streitkräfte im Rahmen der Arbeitsgruppe " Militärische Zusammenarbeit " :

- konzeptionelle Felder für die gemeinsame Studienarbeit identifizieren und dort, wo es sinnvoll erscheint;

- Studien gemeinsam durchführen oder die Ergebnisse nationaler Studien austauschen;

- konzeptionelle Vorstellungen austauschen, abstimmen und, wo immer möglich, harmonisieren sowie;

- daraus die für beide Streitkräfte für notwendig gehaltenen Fähigkeiten ableiten, die autonom oder gemeinsam oder in gegenseitiger freiwilliger Abhängigkeit herzustellen sind, wobei letzeres am ehesten der gewollten Komplementarität und der Zusammenführung militärischer Komponenten gerecht wird.

In gleicher Weise werden die nationalen Rüstungsdirektoren im Rahmen der Arbeitsgruppe " Rüstungskooperation " vorhandene Strukturen nutzen, um die Vorbereitung, Entwicklung und Herstellung künftiger Ausrüstungsgegenstände für beide Streitkräfte gemeinsam zu untersuchen. Dabei sollten sie :

- die von den Führungsstäben für notwendig erachteten militärischen Fähigkeiten bei der Festlegung der Untersuchungsfelder und der industriellen Schlüsselbereiche auf dem Gebiete der Rüstung berücksichtigen;

- nach Optimierung der operationellen und technischen Spezifikationen des in Kooperation gefertigten Materials streben, indem auf der Grundlage der von den Führungsstäben der beiden Streitkräfte gemeinsam angemeldeten militärischen Forderungen und vorgegebenen allgemeinen Rahmenbedingungen für künftige Ausrüstung weitestgehend auf nationalen Varianten verzichtet wird;

- ein Verfahren für die Beschaffung von Ausrüstung für gemeinsam zu realisierende Fähigkeiten festlegen (nationale Produktion, Gemeinschaftsproduktion, Kauf im jeweils anderen Partnerland, Kauf in Drittländern).

Auf der Basis regelmäb iger gemeinsamer Abstimmungsgespräche legen die Kopräsidenten der Arbeitsgruppen " Militärische Zusammenarbeit " und " Rüstungskooperation " dem Ausschub einen abgestimmten gemeinsamen Fortschrittsbericht zur Planung des gemeinsamen Bedarfs der Streitkräfte un zu den daraus abgeleiteten Rüstungsvorhaben vor.

IV.2 Leitlinien für die militärische Zusammenarbeit.

Die Förderung der Interoperabilität und die Stärkung der konzeptionellen, stukturellen und materiellen Komplementarität im europäischen und im Allianzrahmen stehen im Mittelpunkt der militärischen Zusammenarbeit.

Auf dieser Grundlage werden die Leitlinien für die deutsch-französische militärische Zusammenarbeit ausgeführt, die folgenden Zielstzungen entsprechen:

- Annäherung der Menschen

  • durch Intensivierung der Austauschmab nahmen im Rahmen der Einzelausbildung im Bereich der Sprachausbildung, der wissenschaftlichen , operationellen und fachlichen Führerausbildung usw.
  • durch Erweiterung der Gemeinschaftsausbildung im Rahmen bilateraler und multilateraler Übungen sowie
  • durch den Ausbau von Austauschprogrammen und sonstigen Möglichkeiten zur Begegnung von Soldaten beider Streitkräfte;

- Annäherung der Strukturen und der Doktrinen

  • über Angleichung der Einsatz- und der Logikkonzepte,
  • über Einrichtung eines regelmäb igen Routine-Informationsaustausches zwischen den Führungsstäben,
  • durch die Erleichterung der gemeinsamen Planungsarbeit in Krisen;

- Koordinierung und Zusammenlegung wichtiger Fähigkeiten; dieser neue und entscheidende Bereich der gemeinsamen Anstrengungen der Streitkräfte zur Anpassung an das veränderte strategische Umfeld verlangt u.a. eine

  • Intensivierung der Zusammenarbeit in Schlüsselbereichen, wie z. B. dem Nachrichtenwesen und der Führungsunterstützung,
  • Weiterentwicklung der operationellen Instrumentarien im Bereich des Lufttransports, um den Einsatz und die Unterstützung der Lufttransportkräfte beider, Länder zu optimieren,
  • Erweiterung der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit der territorialen Wehrorganisationen.

IV.3 Leitlinien für die Rüstungszusammenarbeit.

Die intensivierte deutsch, französische Rüstungszusammenarbeit entspricht nicht nur bilateralen Interessen, sie dient auch dem Ziel, eine europäische Rüstungspolitik zu begründen. Insbesondere mub sie Motor einer europäischen Lösung zur allgemeinen Rationalisierung auf dem europäischen Rüstungssektor sein. Eine europäische Rüstungspolitik ist ein wesentlicher Bestandteil der Gemeinsamen Aub en und Sicherheitspolitik und der im Maastrichter Vertrag gefordeten Gemeinsamen Verteidigungspolitik und würde einen wichtigen Schritt in Richtung auf die Herausbildung einer europäischen Sicherheits- und Verteidigungsidentität darstellen.

Die kostenkünstigere Deckung des Streitkräftebedarfs und der Aufbau einer wettbewerbsfähigen europäischen Industrie- und Technologiebasis im Bereich der Verteidigung müssen konsequent verfolgt werden. Im Rahmen der GASP bedarf es gemeinsamer Regelungen für die Herstellung und Lieferung von Rüstungsgütern innerhalb der Europäischen Union sowie fü den Export nach aub erhalb.

Auf dieser Grundlage werden die Leitlinien für die deutsch-französische Rüstungskooperation und Rüstungspolitik ausgeführt, die im einzelnen nachfolgenden Zielsetzungen entsprechen :

- in technischer und industrieller Hinsicht: Definition einer industriellen und technologischen Strategie, die auf der Grundlage eines gemeinsamen operativen Bedarfs die Aufrüstung der Streitkräfte zu geringsten Kosten ebenso ermöglicht wie das Streben nach Standardisierung der europäischen Rüstungsgüter im Rahmen einer gemeinsamen Planung und unter Berücksichtigung der Vorgaben der Allianz;

- in wirtschaftlicher Hinsicht : gemeisame Programmleitung der Kooperationsvorhaben im besten Kosten-Nutzen-Verhältnis;

- in politischer Hinsicht: gemeinsame Entwicklung und Motorfunktion für eine gemeinsame europäische Rüstungspolitik, die die Besonderheiten des Rüstungsmarktes in der Perspektive einer Gemeinsamen Europäischen Verteidigungspolitik (GEVP) berücksichtigt.


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