Die
Aufgabe der Intellektuellen
Deutsch-Französisches
Forum: Könnten Sie uns erklären, was den "Verrat der Intellektuellen",
den Sie in Ihrem Buch La Grande Parade verurteilen, von dem Verrat
unterscheidet, mit dem seinerzeit schon Julien Benda(1) ins Gericht
gegangen ist? Was beinhaltet genau der Begriff der Verantwortungsethik,
vor allem für die sogenannten Intellektuellen und wie lässt
sich in Ihren Augen in einem allgemeineren Sinne deren Aufgabe heute
beschreiben?
Jean-François
Revel: Wollte ich auf Ihre Antwort in aller Ausführlichkeit
eingehen, müsste ich zwischen sechs und zwanzig meiner Bücher
zusammenfassen, seitdem ich mich nun mit dem Thema der Intellektuellen
beschäftige. Mein erster Essay erschien 1957 und trug den Titel
Pourquoi les philosophes. Darin übte ich Kritik an den Intellektuellen
und ihrer Ideologie und beschrieb, wie auch sie die Wahrheit entstellt
haben, wo es doch eigentlich gerade ihre Aufgabe sein sollte, für
sie einzutreten und mit besonderer Sorgfalt mit ihr umzugehen.
Julien Benda
hat mit seinem Buch Der Verrat der Intellektuellen ein Phänomen
angesprochen, das für das 20. Jahrhundert besonders kennzeichnend
ist und das Jean-Paul Sartre später engagement genannt hat.
Benda beanstandet darin, dass ein großer Teil der Intellektuellen
ihr kritisches Urteilsvermögen ablegen, wenn sie sich in den
Dienst einer Sache stellen. Damals konnte es sich entweder um einen
integralen Nationalismus - wie ihn beispielsweise Charles Maurras
vertreten hatte -, um den italienischen bzw. deutschen Faschismus
oder aber um eine causa der äußersten Linken in Form
der marxistisch-leninistisch-kommunistische Ideologie handeln. Sobald
die Intellektuellen - von Aragon bis Sartre und viele andere mehr
- vorrangig einer Sache zum Sieg verhelfen wollen und der Ansicht
sind, dass, selbst wenn sie auf Irrtümer oder Lügen stoßen,
ihre Pflicht darin bestehe, diese zu verschweigen, dann handelt
es sich schlicht um einen Verrat.
Auch in der
Wissenschaft lässt sich eine solche Haltung aufzeigen. Irène
Joliot-Curie z.B. verbreitete als Mitglied der Kommunistischen Partei
erschreckende Lügen auf ihren Fachgebieten der Chemie und der
Physik im Allgemeinen. Dafür lassen sich ihre Äußerungen
wider besseren Wissens über den angeblichen bakteriologischen
bzw. chemischen Krieg der Amerikaner in Korea als Beispiel anführen.
Man darf wohl behaupten, dass der Verrat von Seiten der Intellektuellen
im 20. Jahrhundert größere Ausmaße angenommen hat
als zu jeder anderen Epoche, vermutlich wegen der Existenz des Phänomens
Totalitarismus.
Natürlich
gab es auch in der Vergangenheit ein religiöses Engagement:
Die bedeutenden katholischen oder protestantischen Intellektuellen
des Mittelalters stellten selbstverständlich ihr Geistesvermögen
in den Dienst des Glaubens. Doch handelte es sich damals um Glaubensfragen,
es betraf also das Jenseits und nicht die Leitung der Welt, in der
wir als solcher leben. Außerdem war dies trotz allem nicht
unvereinbar mit einer gewissen Forschungsfreiheit. In Frankreich
waren bedeutende christliche Denker wie Malebranche oder Pascal
zwar Christen mit einem unerschütterlichen Glauben, nichtsdestotrotz
aber auch Männer des Geistes, die eine intellektuelle Forschungsfreiheit
genossen.
Unterwerfung,
Parteilichkeit, Verstellung, Unehrlichkeit und der systematische
Einsatz der Lüge waren für die Mehrheit der Intellektuellen
des 20. Jahrhunderts kennzeichnend. Diejenigen, die weder der totalitaristischen
Versuchung der Linken noch der Rechten erlegen sind, lassen sich
an einer Hand abzählen.
FFA: Wer
zählt denn zum Beispiel dazu?
J.-F. Revel:
Da wäre zuerst Raymond Aron, einige Surrealisten wie André
Breton oder - außerhalb Frankreichs - Intellektuelle wie Bertrand
Russell, die ein Vorbild intellektueller Unabhängigkeit waren.
Sogar Julien Benda, der Autor von Verrat der Intellektuellen rechtfertigte
am Ende seines Lebens die Prozesse von Prag und Budapest. Auch Alain
hatte eine radikalpazifistische Ideologie entwickelt, wie im übrigen
viele Linke durch ihren Pazifismus zu Kollaborateuren während
der deutschen Besatzungszeit wurden.
Aber natürlich
gab und gibt es eine Art, über kulturelle Belange zu urteilen
und sich zu Wort zu melden, die einer systematischen Tabuisierung
gleicht, so dass manches gesagt, anderes wiederum nicht gesagt werden
darf, wobei die Frage, ob etwas wahr ist oder nicht, keine Rolle
spielt. Die Auseinandersetzung aus Anlass des Schwarzbuch des Kommunismus(2),
ob man den Kommunismus und den Nationalsozialismus miteinander vergleichen
könne, veranschaulicht diesen Sachverhalt nachdrücklich.
Wenn ein politisches System mehrere Hundert Millionen Opfer fordert,
ist die Frage, ob man die beiden Systeme abstrakt miteinander vergleichen
kann, für die Opfer nun wirklich zweitrangig.
Forum: Wir
wollen etwas später auf diesen Punkt zurückkommen. Was
halten Sie von den Interpretationen, die die französischen
Intellektuellen zum Fall der Berliner Mauer geliefert haben?
J.-F. Revel:
Es gab sehr unterschiedliche Deutungen. Viele waren schlicht der
Ansicht, dass dadurch das Problem geregelt sei. Es gab allerdings
zwei Phasen: Zuerst gab es eine Phase der Lähmung, bei der
die Kommunisten, aber auch die nicht kommunistische Linke die Ereignisse,
die sich vor ihren Augen abspielten, gezwungenermaßen zur
Kenntnis nehmen mussten. Die Völker Mitteleuropas, von denen
sie dachten, dass sie möglicherweise unter einem gewissen Mangel
und fehlender Freiheiten leiden würden, alles in allem jedoch
glücklich und zufrieden seien, in einer Gesellschaft, wie es
hieß, ohne Arbeitslosigkeit zu leben (wenn das Monatsgehalt
nicht über 100 DM liegt, lässt sich das Problem der Arbeitslosigkeit
natürlich schnell beheben), freuten sich über die wiedergefundene
Freiheit. Diese Völker, die die kommunistische Diktatur zum
Einsturz gebracht haben - vor allem die Völker Mitteleuropas,
die gewissermaßen von der Sowjetunion besetzte Kolonien darstellten
- feierten die Befreiung und die Wiedererlangung ihrer nationalen
Unabhängigkeit.
Als die Linksintellektuellen
die Ausgelassenheit der Völker beobachteten, die sich selbst
von ihren Fesseln befreit hatten, und als sie feststellten, dass
der seit 1985 andauernde Versuch Gorbatschows, Sozialismus mit einer
gewissen Freiheit unter einen Hut zu bringen - der alte Traum eines
Sozialismus mit menschlichem Antlitz - gescheitert war, standen
nur noch zwei Möglichkeiten offen: Entweder musste man den
Sozialismus als solchen aufgeben oder aber seinen totalitären
Charakter bewahren. Schließlich wurde am 25. Dezember 1991
die UdSSR von seiner eigenen Führung aufgelöst. Damit
hatte also die Geschichte nicht nur den real existierenden Sozialismus,
sondern auch die kommunistische Idee zu Grabe getragen. Die Forderungen,
die mit dem postsowjetischen Trauergeheul, das zu diesem Zeitpunkt
erscholl, erhoben wurden, machte unumwunden klar, dass eine solche
Schlussfolgerung zurückgewiesen würde. Diejenigen, die
an all diese Systeme geglaubt oder zumindest so getan hatten, waren
zuerst wie vor den Kopf gestoßen. In meinem Buch La grande
parade zitiere ich mehrere Beispiele wie Danièle Sallenave
und Lily Marcou, die in unsäglichen Texten darauf hinweisen,
dass der Kommunismus trotz allem ein Traum gewesen, der nunmehr
geplatzt sei, und dass der Zusammenbruch der Sowjetunion die Herzen
zerreiße: Wenn dieser Zusammenbruch aber so Herz zerreißend
ist, dann wäre der Gulag demnach also Seelen erhebend
!
In einer zweiten
Phase haben diese Intellektuellen dann ungeachtet der Tatsache,
dass selbst China von den Vereinigten Staaten die Aufhebung der
Handelsschranken zwischen den beiden Staaten erzwungen hat und einen
Platz in der WHO fordert, mit einer gigantischen Kampagne gegen
den Liberalismus und die Globalisierung zur Offensive geblasen.
Vielleicht können mir ja die Herren Bourdieu und Bové
erklären, wie es angehen kann, dass gerade die Chinesen, die
sich doch eigentlich hätten glücklich schätzen sollen,
ein unter vollständiger staatlicher Kontrolle stehendes System
bürokratischer Preisbestimmung loswerden wollen. In Wirklichkeit
sind sie sich wahrscheinlich einfach dessen bewusst geworden (wie
alle planwirtschaftlich organisierten Länder), dass das System
überhaupt nicht funktionsfähig ist, und wenden sich deswegen
der Marktwirtschaft zu. Bei diesem seit zwanzig Jahren währenden
Prozess ist ihre einzige Sorge die, dass im Falle einer marktwirtschaftlichen
Verallgemeinerung das politische System - was unweigerlich eintreten
wird - nicht auch in sich zusammenbreche, weil die monopolistische
Einheitspartei der Vielfalt, die durch den Markt Einzug hält,
nichts entgegenzusetzen hat.
Forum: Sie
haben gerade den wirtschaftlichen Aspekt angesprochen. Aber was
bleibt Ihrer Ansicht nach von der Kultur der kommunistischen und
totalitären Utopie bestehen? Was denken Sie in Anbetracht dessen
von dem Nobelpreisträger Günter Grass?
J.-F. Revel:
In der Vergangenheit wurde der Nobelpreis an Antikommunisten wie
Pasternak oder Solschenizyn vergeben, aber auch an García
Márquez. Borges, der ohne Frage der größte lateinamerikanische
Schriftsteller ist, hat ihn nie erhalten. Es darf auch nicht vergessen
werden, dass auch der große Schriftsteller und Antikommunist
Octavio Paz geehrt wurde.
Günter
Grass war im Grunde niemals Kommunist gewesen, er stand eher der
Sozialdemokratie nahe. Allerdings war er immer amerikafeindlich
und kurioserweise gegen den Westen. Er gehört zu den nicht
wenigen Menschen in Deutschland, die die Wiedervereinigung als einen
Akt der Kolonialisierung verstanden haben, so als würde sich
Westdeutschland den östlichen Teil rücksichtslos einverleiben.
Dieser Gedanke war im übrigen durchaus verbreitet. So spricht
aus den in den Jahren 1992 und 1993 veröffentlichten Schriften
einer Intellektuellen und Universitätsprofessorin wie Danièle
Sallevane(3) die Verzweiflung über die deutsche Wiedervereinigung,
weil dadurch Ostdeutschland ja nur den Kapitalisten und multinationalen
Unternehmen ausgeliefert würde. Diese Argumentation übersieht
allerdings, dass in diesem Teil von Deutschland tatsächlich
eine Nachfrage nach den unterschiedlichsten Gütern bestand.
All das - darunter auch die Ehrung, die Günter Grass zuteil
wurde - beweist, dass die Frage noch lange nicht gelöst ist.
Ich hatte mich
bereits mit der Frage des Endes des Kommunismus in Le regain démocratique
(1992) befasst, wo ich darauf hingewiesen habe, dass die Veränderungen
in den Köpfen immer viel mehr Zeit in Anspruch nehmen als der
faktische Wandel. Noch lange nach dem Ende eines politischen, ideologischen
oder auch ästhetischen Systems gibt es immer noch Leute, die
an dem Versunkenen festhalten. In den Jahren 1935 bis 1937 zum Beispiel
gab es in Frankreich noch 150 Jahre nach der Französischen
Revolution eine royalistische Partei, die durchaus nicht bedeutungslos
war. Sie hatte sogar einen spürbaren Einfluss, ja genoss sogar
ein gewisses kulturelles Ansehen bei Andersdenkenden, weil nämlich
Intellektuelle wie Léon Daudet, Jacques Bainville und andere
dazu gehörten. Man kann sich ja die Frage stellen, wie es kommt,
dass die Hoffnung auf eine monarchistische Restauration das politische
und geistige Handeln einer nicht zu vernachlässigenden Zahl
von französischen Bürgern noch 150 Jahre nach dem Ende
der Revolution prägt. Das unterstreicht deutlich, wie langlebig
Ideologien sind, selbst dann, wenn die Geschichte deren Hinfälligkeit
längst bewiesen hat.
Demokratie
und Menschenrechte
Forum: Bedeutet
die Achtung der Menschenrechte als alleinige Grundlage der Politik
zwangsläufig eine Begriffsverwirrung zwischen Politik und Moral?
Verbirgt sich hinter der lächelnden Maske dieser allem Anschein
nach großherzigen Forderung nicht auch eine Ideologie, die
lediglich den reicheren Staaten dient?
J.-F. Revel:
Den Eindruck habe ich nicht. Die Bestimmung dessen, was die Menschenrechte
sind, und die Ausarbeitung von Rechtsregeln, mit deren Hilfe sie
durchgesetzt werden können, sind ein fester Bestandteil des
demokratischen Systems. Die Bürger haben Rechte und auch Pflichten,
die sich wechselseitig ausgleichen und ergänzen. Deswegen lässt
sich auch nicht behaupten, dass die Menschenrechte einfach eine
Ideologie seien. Ein demokratisches System ohne Menschenrechte ist
nicht vorstellbar. Durch diese Grundrechte lässt sich erst
ein Rechtsstaat errichten, wodurch wiederum die Unverletzlichkeit
der Menschen gegen jede Form der Willkürherrschaft und die
Demokratie garantiert werden. Diese Rechte sind demnach integraler
Bestandteil des demokratischen Systems.
Forum: Besteht
nicht trotzdem die Gefahr, dass die Menschenrechte, auch wenn man
ihre Substanz und ihre weltweite Bedeutung nicht infrage stellen
möchte, ideologisch missbraucht werden und bisweilen als Deckmantel
für eine Art Imperialismus dienen?
J.-F. Revel:
Diese Gefahr ist in meinen Augen weniger ausgeprägt als die
Gefahr, dass Diktaturen die Menschenrechte verletzen
Forum:
und damit also auch weniger gefährlich als die eigentlichen
Ideologien
J.-F. Revel:
Ja. Die Greuel und das Leid, das Saddam Hussein dem irakischen Volk
zugefügt hat, sind meines Erachtens schlimmer als die Vorstellung,
dass man dem Irak eine menschenrechtsorientierte Politik aufzwingt
- was im übrigen nicht gelungen ist -, die allerdings als eine
Form der Intervention der reichen in die Angelegenheiten der armen
Länder gedeutet werden könnte. Übrigens war der Irak
im Grunde niemals ein armes Land, sondern ganz im Gegenteil - aus
zwei Gründen - eines der reichsten Länder der Welt: Zum
einen war es nach Saudi-Arabien das zweitgrößte Erdöl
exportierende Land der Erde und darüber hinaus einer der wenigen
Staaten im Mittleren Osten, der dank zweier Flussläufe über
Wasser verfügt. Um das Land in Grund und Boden zu wirtschaften,
bedurfte es schon eines Saddam Hussein, der dem Iran den Krieg erklärt
(in dessen Verlauf man nahezu 20 Millionen Tote zählte), der
die irakischen Kurden mit chemischen Waffen niedergemetzelt und
der dann noch den Krieg gegen Kuweit angezettelt hat, was einen
offensichtlichen Verstoß gegen das Völkerrecht bedeutet.
Abgesehen davon hat er noch unzählige Personen hinrichten,
ermorden bzw. foltern lassen.
Die Konzeption,
zu der wir gefunden haben, ist zwar zugegebenermaßen vage
und wirft in der Praxis zahlreiche Probleme auf. Sie besteht darin,
dass die Art und Weise eines Landes, die Menschenrechte innerhalb
seiner Grenzen umzusetzen, respektiert wird, und ist dann legitim,
wenn die Macht selbst legitimiert ist, nicht aber wenn sie das Ergebnis
gewaltsamen Handelns oder eines Staatsstreichs ist. Die allgemeine
Menschenrechtspolitik, die darin besteht, von den Taliban die Anerkennung
der Geschlechtergleichheit zu fordern, ist de facto so wenig umsetzbar,
dass es bestimmt manchmal besser wäre, wenn man anders zu Werke
ginge. Fraglos gibt es einen Genozid in Tibet, aber selbst wenn
China eine große Wirtschaftsmacht und ein riesiger Markt ist,
ist es wenig schmeichelhaft, davor die Augen zu verschließen,
bloß weil es sich um einen wichtigen Wirtschaftsmarkt handelt.
Außerdem darf man sich schon darüber wundern, dass man
bei den Menschenrechtsverletzungen von Milosevic hart geblieben
ist, nicht aber bei Putin, weil nämlich Russland mächtiger
ist als Serbien. In Tschetschenien hat sich Putin aufführen
können wie er wollte. Währenddessen schaute die politische
Führung aus dem Westen einfach weg.
Forum:
der Handlungsspielraum ist vielleicht geringer und die geeigneten
Reaktionsmöglichkeiten eingeschränkter, wenn es sich um
Russland oder China handelt als im Falle Serbiens unter Milosevic.
Da gerät man leicht in das Fahrwasser der Realpolitik
J.-F. Revel:
Natürlich lässt sich keine Politik ohne Realpolitik führen,
dazu muss sie aber erst einmal wirklich "realistisch" sein! Sehr
häufig steht man am Ende nämlich mit leeren Händen
da. Was zum Beispiel den Handel mit China betrifft, so ist es nicht
realistisch, sowohl die Ware zu liefern als auch das Geld, mit dem
sie bezahlt werden soll. In Frankreich wird das, was uns China abkauft,
schließlich zumeist von der COFACE(4), d.h. im Grunde vom
französischen Steuerzahler bezahlt. China gehört zu den
Ländern, die immer wieder die Tilgung ihrer Schulden einfordern,
als handelte es sich um Geld, das man sich erschleichen wollte.
Dabei haben sie es doch tatsächlich erhalten, so dass die Frage
nach der Verwendung eigentlich nur recht und billig wäre. Vor
diesem Hintergrund ist die Realpolitik nicht eben realistisch.
Gedächtnis
Forum: Teilen
Sie die weit verbreitete Ansicht, dass die Naziverbrechen gegenüber
den kommunistischen Verbrechen eine Besonderheit darstellen? Oder
gibt es eine einheitliches Totalitarismusphänomen?
J.-F. Revel:
Eine kurze linguistische Bemerkung vorweg: Gedächtnis bedeutet
Erinnerungsvermögen. Seit rund einem Jahrzehnt benutzt man
diesen Begriff als Synonym für Erinnerung. Natürlich ist
Geschichtsschreibung unmöglich, wenn man von dem Vergangenen
keine genaue Erinnerung bewahrt.
Was nun die
Frage der Vergleichbarkeit zwischen dem nationalsozialistischen
und dem kommunistischen Genozid betrifft, so denke ich, dass die
Ansicht durchaus richtig ist, dass die nahezu vollständige
Zerstörung der europäischen Juden durch die Nationalsozialisten
ein Phänomen darstellt, das aufgrund seiner Planung, der industriellen
Organisation, die seiner Umsetzung voranging, und ausschließlich
rassischer Kriterien, auf deren Grundlage die Verbrechen begangen
wurden, seinesgleichen sucht. Ich will durchaus eingestehen, dass
die geplante Zerstörung einer Gemeinschaft eine Sonderstellung
verdient.
Dennoch sind
die Vorstellungen der Kommunisten nicht grundlegend anders. Auch
wenn viele von ihnen - vor allem in Russland - Antisemiten waren
und es zu massiven Bevölkerungsdeportationen (z.B. wurden die
Tataren durchaus als eine mindere Rasse betrachtet) gekommen war,
bestand das Hauptkriterium für die Kommunisten nicht so sehr
in der Rasse als in der Klasse. Viele führende kommunistische
Politiker waren vor allem zu Anfang der Revolution der Ansicht,
dass bestimmte Kategorien von Menschen - die kapitalistischen, intellektuellen
und militärischen Eliten - im Grunde stets unfähig bleiben
würden, sich der Revolution anzuschließen. Das Massaker
von Katyn geht beispielsweise auf den Gedanken zurück, dass
man die polnische Elite zerschlagen müsse, weil sie der sowjetischen
Vorstellung zufolge den Kommunismus nie übernehmen würde.
Dazu lassen sich unzählige Texte anführen, die ich in
La grande parade zitiert habe. Noch in den Kinderschuhen der Sowjetunion,
einige Monate nach dem Staatsstreich vom Januar 1918 - es handelte
sich nämlich nicht um eine Revolution, sondern um einen Staatsstreich
-, wurde entschieden, welche Bevölkerungskategorien aufgrund
ihrer Unvereinbarkeit mit dem festgesetzten Ziel beseitigt werden
müssten. In diesem Punkt besteht also eine Ähnlichkeit:
Für Hitler gab es ein Rassenkriterium, für Stalin hing
das Kriterium von der gesellschaftlichen Zugehörigkeit ab.
Das gesellschaftliche Kriterium zielte darüber hinaus nicht
allein auf die wohlhabenden Klassen ab. So ließ Stalin nämlich
zum Zeitpunkt der 1929 beschlossenen Kollektivierung der Landwirtschaft
alle reichen Bauern ermorden.
Man stößt
in allen kommunistischen Regimen auf Massentötungen. So wird
zum Beispiel in dem von Curtis Gate herausgegebenen und im Jahre
1988 veröffentlichten Sammelband über den Krieg in Afghanistan(5)
eine Erklärung des afghanisch-kommunistischen Agenten des KGB
Taraki ausführlich zitiert, der 1978 infolge eines Staatsstreiches
die Macht an sich gerissen hatte. In dieser Erklärung aus dem
Jahre 1979 - also vor dem Einfall der Roten Armee - behauptete er,
dass die neuen kommunistischen Machthaber keine Händler, Lehrer
usw. brauchten, sondern lediglich eine Millionen Afghanen und aufrichtige
Kommunisten und dass man sich die anderen vom Halse schaffen müsse.
Damals zählte Afghanistan 17 Millionen Einwohner, so dass also
die Ermordung von 16 Millionen Afghanen vorgesehen war bzw. deren
Deportation in Arbeits- oder Konzentrationslager. Derselbe Trend
findet sich in allen kommunistischen Regimen in den unterschiedlichsten
Kulturkreisen. Die Massentötungen auf russische Besonderheiten
zurückzuführen, ist nicht stichhaltig. Dasselbe lässt
sich nämlich auch für Äthiopien unter Mengistu zeigen,
wo sogar Kinder unter zwölf Jahren hingerichtet wurden. Dabei
sind doch eigentlich unterschiedlichere Zivilisationen wie die russische
und die äthiopische kaum vorstellbar. Das Phänomen einer
künstlich erzeugten Hungersnot bildet ebenfalls ein häufig
auftretendes Kennzeichen aller kommunistischen Regime, sowohl in
der Ukraine unter Stalin, während des "Großen Sprungs
nach vorne" (1959-1961) unter dem berüchtigten Mao, als auch
in Südkorea unter der Herrschaft der Nachkommen Kim Il-Sungs.
Außerdem stößt man fast immer auf Zwangsdeportationen
der Bevölkerung und auf das Phänomen der Konzentrationslager.
Deswegen bin ich trotz allem der Ansicht, dass der Vergleich zwischen
der Sowjetunion und Hitler-Deutschland möglich ist. Im übrigen
wurden auch in der Vergangenheit diese Parallelen sehr häufig
gezogen, wie z.B. von Léon Blum in einem Artikel, der im
Januar 1940 in Le Populaire, dem Organ der Sozialistischen Partei
dieser Zeit, erschienen war. Ein anderes Beispiel ist André
Gide, der in seinem Buch Zurück aus Sowjetrussland offen darüber
berichtete, dass der menschliche Geist, die geistige Freiheit im
Russland der Sowjetunion noch stärker unterdrückt werde
als in Hitler-Deutschland.
Demnach gibt
es also eine Reihe von Konstanten der totalitären Regime, die
sie von traditionelleren Regimen - wie dem Franquismo oder dem Regime
Pinochets z.B. - unterscheiden, in denen die Diktatoren ihre politischen
Gegner, jene, die sie wirklich bekämpfen, beseitigen oder ins
Gefängnis werfen lassen. Demgegenüber werden in totalitären
Regimen Millionen Menschen ausgerottet, die niemals Widerstand geleistet
haben. Die Auslöschung der eigenen Bevölkerung ist ebenso
ein Kennzeichen der totalitären Ideologie wie die Konzentrationslager
großen Maßstabs oder bewusst provozierte Hungersnöte.
So stellt man denn auch fest, dass eine Reihe von Ähnlichkeiten
zwischen dem Totalitarismus der Nazis und dem der Kommunisten besteht.
Darüber hinaus darf nicht vergessen werden, dass die hohen
Staatsbeamten der Nationalsozialisten zu Anfang der 30er Jahre das
sowjetische Konzentrationslagersystem vor Ort in Augenschein genommen
haben, um es auf Deutschland zu übertragen. Zudem spricht trotz
mancher Ablehnung aus zahlreichen Äußerungen Hitlers,
von denen ich einige in La grande parade zitiere - seine Bewunderung
dafür, wie Lenin und Stalin wieder einen starken Staat errichtet
haben. In Deutschland gab es, bevor sie von den Nazis verfolgt wurden,
viele Nationalbolschewisten. Zu dieser Zeit bewunderte so mancher
künftige Nazi, was Lenin in der UdSSR erreicht hatte: die Ordnung,
den starken Staat und eine leistungsfähige politische Polizei,
die übrigens von Anfang an fünf- bis sechsmal so stark
war wie die zaristische Geheimpolizei. Ein anderes Beispiel: Helmut
Kohl hat mir gegenüber einmal erwähnt, dass es in Deutschland
1943, auf dem Höhepunkt seiner Macht, rund 40.000 Polizisten
der Gestapo auf 80 Millionen Einwohner gab, während in der
DDR auf eine Bevölkerung von 17 Millionen Einwohnern 200.000
Stasi-Agenten kamen.
Ich finde also,
dass der Vergleich zwischen dem Nationalsozialismus und dem Kommunismus
durchaus nichts Skandalöses an sich hat, außer für
diejenigen, die der kommunistischen Ideologie nahestehen und Zeter
und Mordio schreien. Deren Entschuldigung besteht in der Behauptung,
dass die Absichten ursprünglich gut gewesen seien. Alle Utopien
enthalten aber gute Absichten. Der Unterschied ist, dass der Kommunismus
eine Utopie ist und der Nationalsozialismus das, was ich einen direkten
Totalitarismus nenne: Hitler verkündet sein Programm und setzt
es um, während Lenin das Gegenteil der Marx'schen Versprechen
(Freiheit, Wohlstand etc.) macht und dies mit der Aussicht auf eine
strahlende Zukunft begründet. Das nenne ich einen utopievermittelten
Totalitarismus. Diese Abgrenzung rückt allerdings in den Hintergrund,
da es für die Betroffenen in beiden Fällen im Ergebnis
auf dasselbe hinausläuft. Die Deutung der Geschichte beinhaltet
ein Urteil über die Fakten. Marx selbst hat mit dem Begriff
des "ideologischen Überbaus" die Rechtfertigung verurteilt,
in die sich ein Unterdrücker zur Unterdrückung hüllt.
In diesem Sinne behaupteten viele Kolonialmächte wegen der
Zivilisation, die sie ihnen brachten, zum Wohle der Bewohner Afrikas
bzw. Ozeaniens zu handeln. Zwischen den Totalitarismen unterscheiden
zu wollen, ihnen aufgrund einer mehr oder weniger großen Distanz
zu dem jeweiligen ideologischen Überbau einen unterschiedlichen
Wert beizumessen, anstatt deren übereinstimmende faktische
Verhaltensweisen zu konstatieren, ist schon recht seltsam.
Forum: Würden
Sie so weit gehen wie der Historiker Ernst Nolte, der von einem
"rationalen Kern des Antisemitismus" spricht? Erscheint Ihnen darüber
hinaus sein Gedankengebäude als Ganzes akzeptabel, unabhängig
von dem Historikerstreit, den er ausgelöst hat?
J.-F. Revel:
Wenn Ernst Nolte von dem "rationalen Kern des Antisemitismus" spricht,
ist das noch keine Rechtfertigung. Ihm zufolge müsse ein ideologisches
Thema in eine Rechtfertigungsstrategie gehüllt sein, um zu
einem politischen Machtinstrument zu werden: er behauptet also keineswegs,
dass sie richtig ist. Im 16 Jahrhundert wurde von der Inquisition
ein Erklärungssystem ausgearbeitet, das uns völlig aus
der Luft gegriffen erscheint, damals allerdings eine gewisse Logik
für sich beanspruchte: Der Häretiker verdient den Tod,
weil er dadurch gerettet werde und in den Himmel kommen könne.
Auch hier gab es also eine Argumentation rationalen Typs. Übrigens
ist dieser Aspekt bei Nolte vernachlässigbar: Er wurde aufgebauscht,
obwohl er nur einen kleinen Teil seines Buches ausmacht.
Forum: Und
trotzdem meldet ein Historiker wie François Furet in diesem
heiklen Punkt Bedenken an.
J.-F. Revel:
Natürlich ist die von Nolte gewählte Begrifflichkeit nicht
eben glücklich. Der Antisemitismus gründet - in Frankreich
wie in Deutschland - auf pseudowissenschaftlichen Argumenten. Der
Rassismus hat auch in Frankreich durch Gobineau oder Drumont eine
theoretische Begründung erfahren. Im übrigen lässt
sich aus den Gedanken von Marx zu der Judenfrage ein virulenter
Antisemitismus herauslesen, nachgerade ein Mordappell: Da der Kapitalismus
und das Judentum gleichzusetzen seien, müsse man die jüdische
Rasse vernichten. Eine grundlegende Gemeinsamkeit zwischen dem Kommunismus
und dem Nationalsozialismus besteht darin, dass die Verfechter dieser
Ideologien davon ausgehen, dass sie das völlig richtige und
unwiderlegbare Erklärungssystem und den Handlungsansatz dazu
besäßen, mit deren Hilfe das Wohl der Menschheit bewerkstelligt
werden könne. In den Augen Hitlers bedeutet die Auslöschung
z.B. der Juden und der Slawen die Rettung des Vaterlandes. Vor diesem
Hintergrund verkünden die Nazis, dass sie das Recht hätten,
gewaltsam vorzugehen, um diejenigen zu beseitigen, die objektiv
und oft ohne es zu ahnen ein Hindernis bilden. So behaupten sie
also, dass weder Widerstand noch Kritik akzeptiert werden könne,
da sie ja unwiderlegbar recht hätten. Eine Offenheit anderen
Meinungen gegenüber beinhalte nämlich nur, dass man sich
über das, woran man glaubt, nicht gänzlich sicher ist
und dass man neue Argumente willkommen aufnimmt. Genau diese hermetische
Geschlossenheit ist kennzeichnend für jede Form des Totalitarismus.
Forum: Darf
die Geschichte Ihres Erachtens ein Thema der politischen Auseinandersetzung
sein? Kann das geschichtliche Gedächtnis einen positiven Beitrag
zum demokratischen Meinungsbildungsprozess in den modernen Gesellschaften
leisten?
J.-F. Revel:
Die Geschichtsschreibung hat nur eine einzige Aufgabe: Sie muss
so genau wie möglich erhellen, was tatsächlich geschehen
ist. Sie darf - um es mit einem modischen, unschönen Begriff
zu sagen - niemals "instrumentalisiert" werden. Sobald man versucht,
die Geschichte in ein politisches Kampfmittel zu verwandeln, handelt
es sich nicht mehr um Geschichtsschreibung, sondern um eine Manipulation
zugunsten einer Ideologie oder einer Idee. Die einzige Pflicht des
Historikers oder desjenigen, der sich für die Geschichte interessiert,
besteht also darin, danach zu forschen, was sich wirklich ereignet
hat. Nur mit einem solchen Ziel können auf diesem Gebiet Fortschritte
erzielt werden. In meinem Buch La connaissance inutile bin ich im
übrigen auf eines der seltsamsten Phänomene der Menschheitsgeschichte
zu sprechen gekommen: Der Mensch hat nämlich so gut wie nie
Nutzen aus seinem Wissen und seinen Erfahrungen gezogen und sich
stattdessen immer wieder geweigert, Lehren aus der Wirklichkeit
zu ziehen.
Bei Pierre
Bayle, dem Verfasser des berühmten Dictionnaire historique
et critique aus dem 18. Jahrhundert, der einen großen Einfluss
auf alle Philosophen ausgeübt hat, heißt es ironisch:
"Ich lese die Historiker nicht, um zu erfahren, wie sich die Geschichte
abgespielt hat, sondern weil ich wissen möchte, was die Historiker
über die Art und Weise denken, wie sich die Geschichte abgespielt
hat." Es gibt tatsächlich nur sehr wenige unvoreingenommene
Geschichtsschreibungen, und wenn man versucht, diesen Grundsatz
zu befolgen, stößt man auf außerordentlichen Widerstand.
Vor kurzem
habe ich an der Sorbonne an einem Kolloquium über Polen, genauer
gesagt: über die Schlacht um Warschau 1944 teilgenommen. Im
September 1944 taucht Stalin vor den Toren Warschaus auf und befiehlt
der Roten Armee, nicht weiter vorzurücken, damit die polnische
Geheimarmee Zeit zum Anrücken habe. Den alliierten Plänen
zufolge sollte diese Armee aus Partisanen und unausgebildeten Soldaten,
die allerdings unter der Führung eines Generals stand und von
London aus befehligt wurde, sich bei Ankunft und mit der Unterstützung
der Roten Armee gegen die Nazis erheben. Im Grunde wollte Stalin
allerdings die Auslöschung des polnischen Volkes und die Zerstörung
Warschaus. Und so erging also folgerichtig der Befehl an die Rote
Armee, nicht einzugreifen, so dass er einfach zusah, wie die Nazis
die polnische Geheimarmee liquidierten und die Stadt Warschau völlig
zerstörten. Diese Tatsachen sind unwiderlegbar bewiesen. Und
dennoch war dies lange Zeit ein Tabu: Man durfte es einfach nicht
sagen.
Dasselbe gilt
für Katyn. Am Karfreitag 1990 hat Gorbatschow eingestanden,
dass bei dem Massaker von Katyn die polnischen Offiziere von Sowjetsoldaten
umgebracht worden sind. Bis dahin hieß es in Schulbüchern,
dass die Nazis dafür verantwortlich seien. Dabei lag Katyn
nicht einmal in der deutschen Besatzungszone. Im September 1939,
nach dem Einfall der Sowjetarmee und der Nazis in Polen, lag Katyn
unbestritten in der sowjetischen Zone. Auf den Kriegsverbrecherprozessen
in Nürnberg wollte die Sowjetmacht die Nazioberen für
das Massaker in Katyn verurteilen lassen. General Taylor, der dem
Gericht angehörte, hat die Sowjetvertreter unter der Androhung,
die Wahrheit ans Licht zu bringen, dazu gezwungen, von ihren lügenhaften
Anschuldigungen Abstand zu nehmen. Alles vergebene Liebesmüh.
Die Linke in Frankreich hat geglaubt oder glauben wollen, dass es
ein Naziverbrechen gewesen sei. Noch nach der Erklärung Gorbatschows
1990 haben sich manche dahingehend geäußert, dass diese
Behauptung nichts beweise. Die Schwierigkeit des Historikers, dafür
zu sorgen, dass die Geschichte, so wie sie sich abgespielt hat,
anerkannt wird, ist schon so groß genug, um uns voll und ganz
in Anspruch zu nehmen.
_______________________
(1) "La
trahison des clercs": Titel eines Buches von Julien Benda (1867-1956).
Deutsche Übersetzung bei Ullstein aus dem Jahre 1978.
(2) Deutsche
Übersetzung bei Piper: Das Schwarzbuch des Kommunismus. Unterdrückung,
Verbrechen und Terror.
(3) "Fin
du communisme : l'hiver des âmes", in: Les temps modernes,
März 1992, und Passage à l'Est, Gallimard, 1993.
(4) Compagnie
française d'assurance pour le commerce extérieur:
Französische Außenhandelsversicherungsgesellschaft.
(5) Curtis
Cate (Hrsg.), "Afghanistan : the terrible decade 1978 -1988",
Kingston Press 1988.
Übersetzung
Forum (MT)
Veröffentlichungen (non
exhaustive)
- "La
Grande Parade" - Plon, 2000 - Pocket 2001.
- "Fin du siècle des ombres, chronique politiques
et littéraires, 1980-2000" - Fayard, 1999.
- "Le voleur dans la maison vide" - Mémoires,
Plon, 1997 - Pocket, 1998.
- "Histoire de la philosophie occidentale de Thalès
à Kant" - Plon, 1992 - Pocket, 1993.
- "Le Regain démocratique" - Fayard, 1992.
- "La connaissance inutile" - Grasset 1988.
- "Le Rejet de lEtat" - Grasset, 1984.
- "Comment
les démocratie finissent" - Grasset, 1983.
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