Regierungswechsel
oder Politikwechsel
Am 27. September
1998 haben die deutschen Wähler die bisherige Koalition durch
eine Mehrheit für SPD und Grüne abgelöst. Die F.D.P.
hat die neue Rolle in der Opposition im Deutschen Bundestag angenommen.
Schon im Wahlkampf haben wir erklärt, dass eines unserer Hauptpolitikfelder
die Bildungspolitik ist.
Seit dem Spätherbst
1997, wo zuerst in Berlin, dann in ganz Deutschland die Studenten
ihren Forderungen nach einer umfassenden Hochschulreform und der
Verbesserung ihrer Studienbedingungen auf der Strasse Ausdruck verliehen,
wird das Bildungsthema von der gesamten Gesellschaft Schritt für
Schritt angenommen. Die Studenten gehen längst wieder ihren
Studien nach, ihre berechtigten Forderungen haben jedoch eine nachhaltige
Wirkung hinterlassen. Das liberale Leitbild von einer künftigen
Hochschule heisst: Unabhängig, wissenschaftlich, wettbewerblich,
profiliert, international und wirtschaftlich. Ein derartiges Leitbild
lässt sich nur verwirklichen, wenn die zentralistischen und
bürokratischen Strukturen des jetzigen deutschen Hochschulwesens
überwunden werden.
Die unabhängige
Hochschule
Wir Liberalen
wollen die Rolle des Staates für eine wirkliche autonome Hochschule
neu bestimmen, denn nur ein neues Verständnis des Verhältnisses
von Staat und Hochschule führt aus der gegenwärtigen Erstarrung.
Dabei muss sich die Rolle des Staates darauf beschränken, die
Wissenschaftsfreiheit zu sichern, die Hochschulen über Globalhaushalte
mit Mitteln auszustatten und Schwerpunkte im Rahmen von Zielvereinbarungen
mit den Hochschulen zu setzen. Als Körperschaften haben die
Hochschulen künftig Tarifautonomie, die Personalhoheit und
die Verantwortung für die Qualität von Forschung und Lehre.
Die wissenschaftliche
Hochschule
Die wissenschaftliche
Hochschule benötigt andere Willensbildungs- und Entscheidungsstrukturen
als bisher. Dazu gehört, dass die Hochschulen selbst ihre Managemantfähigkeiten
effektiv verstärken und Führungsdefizite beseitigen. Das
schliesst ein, dass den Fachbereichen, Instituten und Lehrstühlen
im Rahmen einer abgestimmten Zielsetzung mehr eigene Verantwortung
übertragen wird.
Die wettbewerbliche
Hochschule
Wir brauchen
Hochschulen, die mit Hochleistung zu tun haben, mit exzellenten
Ergebnissen in Ausbildung und Forschung. Wir brauchen mehr Wettbewerb
zwischen den Hochschulen. Der Wettbewerbsgedanke - in der Forschung
längst verankert - muss auch im Bereich der Lehre verwirklicht
werden. Hier muss die Nachfrage der Studierenden den staatlichen
Finanzierungsstrom entscheidend lenken. Wir wollen den Wettbewerb
durch Einführung von Bildungsgutscheinen fördern. Bildungsgutscheine
verkörpern "Rechte auf Bildung" und werden vom Staat für
ein Studium bis zum Erwerb eines ersten berufsqualifizierenden Abschlusses
unentgeltlich zur Verfügung gestellt. Der Wettbewerb der Hochschulen
um die Studienbewerber muss sich auch im Bereich der Studiengänge
entfalten können, die einem bundesweiten Numerus Clausus unterliegen.
Wir wollen, dass die Studienbewerber in Deutschland das Recht erhalten,
sich direkt bei der Hochschule ihrer Wahl zu bewerben. Das beinhaltet
die Abschaffung der in Deutschland noch üblichen, fast schon
planwirtschaftlichen Zentralen Vermittlungsstelle für Studienplätze
(ZVS) und die Rückübertragung ihrer Kompetenzen auf die
Hochschulen.
Die profilierte
Hochschule
Nicht an jeder
Hochschule muss jedes Fach vertreten sein. Die Liberalen treten
dafür ein, dass jede Hochschule ihr Profil selbst bestimmen
können muss, z.B. durch die stärkere Weiterentwicklung
einzelner Fachbereiche. Durch regelmässige interne und externe
Bewertung der Ziele und Leistungen der Hochschule in Forschung und
Lehre und die Veröffentlichung von deren Ergebnissen wird es
Studienbewerbern erleichtert, die für ihre persönlichen
Ziele am besten geeignete Hochschule herauszufinden. Die Liberalen
setzen sich darüber hinaus dafür ein, dass die Kapazität
an den Fachhochschulen weiter ausgebaut wird. Unterschiedliche Profile
von Universitäten nutzen beiden. Die Organisationsstrukturen
der Fachhochschulen sind auf noch mehr Flexibilität auszurichten.
Zeitverträge für Praktiker als Dozenten, Patentbüros
an den Fachhochschulen und Hochschulen sowie Verbindungsstellen
zur Industrie sichern die heute notwendigen praktischen Erfahrungen
mit Anwendungsbezug. Bei der angewandten Forschung und Entwicklung
sollten die Fachhochschulen noch enger mit kleinen und mittleren
Unternehmen zusammenarbeiten.
Die wirtschaftliche
Hochschule
Die wirtschaftliche
Hochschule wird nicht umhinkommen, Kosten in Relation zur Leistung
zu sehen. Sie wird die Kosten der eigenen Verwaltung und von Dienstleistungen
ebenso hinterfragen müssen, wie Kosten für Forschung und
Lehre. Daher fordern wir Globalhaushalte für die Hochschulen,
die sich an bestimmten Kriterien, wie z.B. Zahl der Studierenden
und Anzahl des wissenschaftlichen Personals orientieren. Gleichfalls
müssen zur Einnahmeseite der Hochschulen auch Drittmittel im
Bereich der Forschung gehören. Die Unterstützung der Wissenschaft
durch gemeinnützige Einrichtungen ist unverzichtbarer Bestandteil
der Wissenschaftsförderung. Privatwirtschaftlichem Sponsoring
z.B. für Hochschulsanierungen und den Ausbau von Studiengängen
sollten in Deutschland mehr Aufmerksamkeit als bisher gewidmet werden.
Die internationale
Hochschule
Unsere Hochschulen
haben international nach wie vor einen guten Ruf. Trotzdem bewerben
sich weltweit immer weniger junge Menschen für einen Studienplatz
in Deutschland.
Einiges wurde
für die Attraktivität deutscher Hochschulen für ausländische
Studierende bereits getan. So wurde durch die Novellierung des Ausländerrechts
besonders dem Anliegen ausländischer Studenten Rechnung getragen.
Die neuen Vorschriften gestalten den Nachweis zur Sicherung des
Lebensunterhalts praxisorientierter, erlauben eine Verlängerung
der zulässigen Studiendauer, ermöglichen einen Fachrichtungswechsel
und lassen Nebenverdienste zur Mitfinanzierung des Studiums zu.
Das im September
in Kraft getretene deutsche Hochschulrahmengesetz ermöglicht
den Universitäten die Entwicklung international kompatibler
Studienstrukturen, -inhalte und -abschlüsse. Das gilt für
neue fremdsprachige Studiengänge ebenso wie für Studiengänge,
die künftig mit dem "Bachelor" oder " Master" enden.
Die Serviceangebote
und Studienberatung für ausländische Studierende ist in
diesem Zusammenhang weiter zu verbessern. Hier sind die Hochschulen
und das Studentenwerk gleichermassen gefordert. Letzteres leistet
bereits Beachtliches für die Eingliederung ausländischer
Studierender in den deutschen Hochschulbetrieb.
Die deutschen
Hochschulen müssen das Hochschulmarketing verbessern und dabei
aktiver ihre Leistungen und Ausbildungsmöglichkeiten in wichtigen
Regionen in der Welt anbieten. Hier liegt die Bedeutung eines offensiven
Hochschulmarketings, das nur im Zusammenwirken von Politik, Wirtschaft
und Verbänden erfolgreich umgesetzt werden kann.
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