Die Anfänge
des europäischen Einigungsprozesses und die Geschichte des
Europarates, der im Jahre 1949 gegründet worden war, sind eng
mit dem Projekt einer europäischen Menschenrechtscharta bzw.
-konvention verbunden. Direkt nach dem Zweiten Weltkrieg waren sich
die europäischen Gründungsväter darüber im Klaren,
dass man das System einer begrenzten Staatssouveränität
überwinden müsse. Eine grundlegende Voraussetzung für
einen Neuanfang in Europa bestand somit darin, die Staaten internationalen
Abkommen und einem bindenden europäischen Rechtssystem zu unterwerfen,
das gegen Regierungen herangezogen werden könnte, die gegen
die Menschenrechte verstoßen und deutlich vom Weg der Demokratie
abweichen. Insofern ist es auch nicht weiter verwunderlich, dass
Sir Winston Churchill bei der Eröffnung des Europakongresses
in Den Haag im Mai 1948 darauf hingewiesen hat, dass "im Zentrum
unserer Bewegung der Gedanke einer von der Freiheit gehüteten
und von dem Recht gestützten Menschenrechtscharta" stehe. Nach
der Gründung des Europarates und seiner Versammlung, dem Vorreiter
des europäischen Parlamentarismus, strebten die europäischen
Protagonisten nach Kräften nach der Schaffung eines europäischen
Gerichtshofes für Menschenrechte. Die Statuten des Europarates
- obwohl darin ein deutliches Bekenntnis zugunsten der Menschenrechte
zum Ausdruck kommt - enthält keinen Katalog an Rechten und
deswegen also auch keine Mechanismen, um zu überprüfen,
ob sie eingehalten werden. Noch in seiner ersten Sitzungsperiode
im August/ September 1949 unterbreitet die Versammlung dem Ministerkomitee
des Europarates ein Projekt zu einer europäischen Menschenrechtskonvention,
die eine Liste mit zu schützenden Rechten und Vorschlägen
für ein Kontrollsystem umfasst, das sich um eine Kommission
und einen europäischen Gerichtshof für Menschenrechte
organisiert. Nachdem überarbeitete Entwürfe zwischen der
Versammlung und dem Ministerkomitee hin und her gegangen waren,
verabschiedete letztere im November 1950 die Europäische Konvention
der Menschenrechte (EKMR) in Rom. Mit Bedacht fiel die Wahl auf
die Ewige Stadt Rom, Geburtsstätte der europäischen Zivilisation.
In seiner Eigenschaft
als Hüter des gemeinsamen Erbes der europäischen Völker
und angesichts der Tatsache, dass er weder einen Wirtschaftsverband
noch ein militärisches Bündnis bildete, ist der Europarat
seinem Wesen nach der Schutzhafen der Menschenrechte in Europa.
Im Zentrum dieser Schutzfunktion steht die EKMR.
Die rechtliche
Bedeutung der EKMR
Die Konvention
bildete den ersten bindenden multilateralen Vertrag im Bereich der
Menschenrechte mit einer gewissen Supranationalität. Die Hohen
Vertragsschließenden Parteien "verpflichten sich dazu, den
Entscheidungen des Gerichtshofes bei den Streitfällen, von
denen sie betroffen sind, Folge zu leisten". Dank der Konvention,
die gegenwärtig von 41 europäischen Staaten - darunter
allen Mitgliedsländern der Europäischen Union - ratifiziert
worden ist, hat der europäische Einigungsprozess von einer
soliden Grundlage ausgehen können. "Sie bildet", wie Robert
Schuhman es bei der Unterzeichnung der EKMR in Rom für Frankreich
formuliert hatte, "den Grundstein, auf dem wir den Schutz des Menschen
gegen jedwede Tyrannei und gegen jedweden Totalitarismus aufbauen
wollen". Die Ratifizierung der Konvention ist zur Voraussetzung
für einen Beitritt zum Europarat geworden.
Anfangs zählte
der Rat nur zehn Mitgliedsstaaten. Dank der steten Erweiterung der
Organisation konnte der europäische Menschenrechtsraum zuerst
auf ganz Westeuropa, im Anschluss daran aber - seit 1989 - zum allergrößten
Nutzen der Sicherheit der Menschen und der demokratischen Stabilität
auf dem Kontinent auf fast alle Staaten Mittel- und Osteuropas ausgedehnt
werden. Gegenwärtig sind nur drei Länder Osteuropas nicht
Mitglied des Europarates: Weißrussland, Bosnien-Herzegowina
und die Bundesrepublik Jugoslawien.
Eine qualitative
Weiterentwicklung der EKMR besteht darin, eine individuelle Klagemöglichkeit
bei den Kontrollorganen der EKMR eingeführt zu haben. Dadurch
konnten Einzelpersonen im internationalen Recht in Erscheinung treten,
das ehemals den Staaten vorbehalten war. Seit 1998 können sie
sich direkt an den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte
in Fragen des Schutzes der von der Konvention garantierten Rechte
wenden, wenn die nationalen Rechtswege erschöpft worden sind.
Seit seiner Gründung hat der Gerichtshof 2.000 Urteile gefällt,
deren Medienecho und juristische Tragweite sich ständig vergrößert
haben, was die integrierende Kraft des Gerichtshofes unterstreicht.
Um den grundlegenden Wert der Konvention zu ermessen, muss man somit
also die Rechtssprechung des Gerichtshofes, der die Konvention ja
interpretiert und sie "im Lichte der heutigen Lage" mit Leben erfüllt,
zunehmend mit einbeziehen.
Die politische
Dimension der Konvention
Die EKMR offenbart
den Willen ihrer Gründungsväter, dem Europarat Identität
und eine Referenzfunktion zukommen zu lassen, indem sie konkret
die Umsetzung der Grundprinzipien, wie sie in seinen Statuten zum
Ausdruck kommen, garantiert. In diesem Sinne setzte sich die Parlamentarische
Versammlung des Europarates dafür ein, dass in der Konvention
ein Passus Eingang fand mit dem Ziel, dass die Staaten die allgemeinen
Prinzipien der Demokratie ebenfalls respektieren. Deswegen enthält
das erste Protokoll der EKMR eine "Demokratieklausel", in der die
Regierungen dazu verpflichtet werden, in angemessenen Zeitabständen
freie und geheime Wahlen zu organisieren.
Seit 1989 ist
die Beobachtung von Parlaments- und Präsidentschaftswahlen
in den mittel- und osteuropäischen Staaten durch den Europarat
eine gängige Praxis geworden. Damit soll hauptsächlich
die Legitimität des Wahlverfahrens gestärkt, das Vertrauen
der Bürger in das Verfahren erhöht, ein Wahlbetrug verhindert,
die Menschenrechte besser geschützt und zu einer Konfliktlösung
beigetragen werden.
Die EKMR hat
ebenfalls die ihm gesteckten europäischen Grenzen überschritten.
Mehrere außereuropäische Staaten haben sich auf die Konvention
gestützt, um in ihren Verfassungen einen Menschenrechtskatalog
festzuschreiben.
Die Zusatzprotokolle
der EKMR und die Verbesserung des Kontrollsystems
Der Präambel
zufolge bildet die Konvention "die ersten Maßnahmen, die geeignet
sind, eine kollektive Garantie der in der universellen Erklärung
der Menschenrechte verankerten Rechte zu gewährleisten". Demnach
konnte es also kaum überraschen, dass bereits in den 50er Jahren,
oftmals auf Veranlassung der Versammlung Initiativen zur Vervollständigung
der Liste der Schutzbestimmungen ergriffen wurden, die schließlich
zur Verabschiedung der Zusatzprotokolle der EKMR Nr. 1, 4, 6, 7,
12 geführt haben, von denen das letzte noch nicht in Kraft
getreten ist. Dadurch wurde die Konvention um rund fünfzehn
zusätzliche Rechte bereichert, darunter z.B. das Recht auf
Eigentum, das Recht auf Bewegungsfreiheit und darauf, seinen Wohnort
zu wählen, das Recht auf Entschädigung im Fall von Justizirrtümern,
das Aufenthaltsrecht für Ausländer, die Ausweitung der
Schutzbestimmungen gegen Diskriminierungen und die Abschaffung der
Todesstrafe in Friedenszeiten durch das Protokoll Nr. 6. Dieses
Protokoll ist das Ergebnis langwieriger Bemühungen von Seiten
des Rates sowohl auf parlamentarischer als auch intergouvernamentaler
Ebene und wurde vor allen Dingen von der französischen Regierung
unterstützt. Das Protokoll Nr. 12 weitet die Schutzbestimmungen
der EKMR gegenüber Diskriminierungen aus.
Angesichts
der steigenden Antragszahlen in Westeuropa in den 80er Jahren und
in Osteuropa seit den 90er Jahren wurden mehrere Maßnahmen
zur Verfahrensverbesserung getroffen. Im November 1998 ist die große
Reform auf der Grundlage des Protokolls Nr. 11 der EKMR in Kraft
getreten, die sich in erster Linie in der Zusammenlegung der Europäischen
Menschenrechtskommission und des ehemaligen Gerichtshofes zu dem
neuen, künftig einzigen und vor allem ständigen Gerichtshof
niedergeschlagen hat. Trotz dieser weitreichenden Reform vermindert
sich die Überbelastung des Gerichtshofes allerdings nicht.
Ganz im Gegenteil: 1999 lag die Zahl der Anträge bei 8.400,
im Jahre 2000 belief sie sich auf 10.500. Neue Maßnahmen erweisen
sich somit als erforderlich und werden gegenwärtig auf der
Grundlage der Vorschläge der Parlamentarischen Versammlung,
der Ministerkonferenz über die Menschenrechte in Rom im November
2000 und der Richtlinien geprüft, die von dem Ministerkomitee
vorgegeben werden.
Es sei ebenfalls
darauf hingewiesen, dass der Parlamentarischen Versammlung die wichtige
Funktion zukommt, auf der Grundlage einer dreiköpfigen Liste,
die von den Staaten vorgelegt wird, die Richter am Gerichtshof zu
ernennen. Die Versammlung hat sein Wahlverfahren verbessert, um
die Qualifikation der Richter besser überprüfen zu können.
Die Initiativen
des Europarates zur Wahrung der Menschenrechte in den Mitgliedstaaten
Die Organe
des Europarates, insbesondere die Versammlung, sind immer dann zu
einer Intervention, ja sogar zu einer Einmischung in die inneren
Angelegenheiten der Mitgliedstaaten bereit, wenn dort die Menschenrechte
bedroht oder schwer verletzt werden. Die wichtigsten Interventionen
der Organisation vor 1989 betrafen das Militärregime in Griechenland
(1967) und die Türkei nach der Machtübernahme durch die
Armee im September 1980. Natürlich haben der Europarat und
die Parlamentarische Versammlung in einer weiter zurückliegenden
Vergangenheit auch in den Krisenherden in Westeuropa (z.B. in Nordirland,
Zypern, Südtirol) für die Sache der Menschenrechte gestritten.
Seit dem Fall
der Berliner Mauer im Jahre 1989 werden nun endlich die von dem
Europarat und besonders seinem System zum Schutz der Menschenrechte
vertretenen Werte von nahezu ganz Europa geteilt. Das ist zugleich
ein Erfolg und eine große Herausforderung. Der Europarat hat
zuallererst als eine erste Anlaufstelle für die Staaten Mittel-
und Osteuropas (MOESt) gedient. Bei der Annäherung mit diesen
Ländern war die Lage der Menschenrechte von grundlegender Bedeutung.
Der Rat stand zu diesem Zeitpunkt zwei unterschiedlichen Situationen
gegenüber:
- diejenigen
MOESt, die in weiten Teilen mit der Demokratie und den Menschenrechten
vertraut gewesen waren, bevor sie durch eine Diktatur darum gebracht
wurden, und in denen es wichtig war, sie erneut zu verankern;
- die anderen
MOESt, in denen es darum ging, die Demokratie und die Menschenrechte
aufzubauen, zu stärken und zu verwurzeln, weil diese Länder
damit noch nie zuvor wirklich in Berührung getreten waren.
In diesem letzten
Fall erwartete den Europarat eine wirkliche Grundlagenarbeit. Abgesehen
davon hat jeder MOESt spezifische Transitions- und Adaptationsprobleme
aufgeworfen.
Um die Reformen
in diesen Ländern zu stützen, hat der Rat seit 1989/90
Kooperations- und Hilfsprogramme entwickelt, die in einigen Fällen
zusammen mit der Europäischen Union durchgeführt werden.
Außerdem
galt es die politischen Voraussetzungen mit Blick auf einen Beitritt
zur Organisation anzupassen, einerseits um die juristischen Errungenschaften
des Rates zu bewahren, andererseits um neuen Erforderlichkeiten
Rechnung zu tragen (Existenz der Todesstrafe in einigen MOESt, Situation
in den Gefängnissen, Revision des Strafrechts, des Zivilrechts
und der jeweils dazu gehörigen Verfahrensformen, Schutz der
Minderheitenrechte usw.).
In der Hoffnung
auf eine Beschleunigung der Reformen in den MOESt, allerdings auch
in dem Bemühen, ihre Wiedereingliederung innerhalb der "europäischen
Familie" nicht zu verzögern, hat der Europarat und vor allem
die Versammlung den Beitritt der MOESt von ihrer Zustimmung zu präzisen
Verpflichtungen abhängig gemacht (z.B. Ratifizierung der EKMR
und seiner wesentlichen Protokolle spätestens ein Jahr nach
Beitritt). Um die Einhaltung der eingegangenen Verpflichtungen zu
gewährleisten, wurde mit dem sogenannten monitoring ein Überwachungssystem
zuerst von der Versammlung im Jahre 1993 erarbeitet. Getrennt davon
wurden von dem Ministerkomitee (1994) und dem Kongress der lokalen
und regionalen Gebietskörperschaften in Europa ergänzende
Kontrollverfahren verabschiedet.
Trotz all dieser
Anstrengungen der europäischen Organisationen, Regierungen
und NGOs zur besseren Verankerung der Demokratie und der Menschenrechte
in Osteuropa und trotz bedeutender Fortschritte, die erzielt wurden,
ist es in manchen MOESt zu Instabilitäten gekommen. Auf dem
Balkan und im Kaukasus sind Konflikte entfacht, und Mitte März
2001 ist eine bewaffnete Auseinandersetzung im Nordosten der ehemaligen
jugoslawischen Republik Mazedonien ausgebrochen. Andere Spannungsgebiete
bzw. Regionen ohne Rechtsstrukturen (z.B. Transdnistrien) bestehen
in Europa weiter - mit allen bekannten negativen Auswirkungen hinsichtlich
des Menschenrechtsschutzes. Eine weitere große Gefahrenquelle
besteht in dem neuerlichen Aufflammen interner Konflikte, die die
Entwicklung bremsen, die Wirtschaft in Mitleidenschaft ziehen und
das Wiedererstarken der Nationalismen begünstigen.
Der Europarat
hat in jedem Fall - oftmals in Zusammenarbeit mit der Europäischen
Union und der OSZE - seine Hilfe und seine Dienste angeboten und
hat sich nie gescheut, vor Ort aktiv zu werden (Kosovo, Tschetschenien,
Moldau, Ukraine etc.)
Es sei auch
darauf aufmerksam gemacht, dass innerhalb des Europarates ein Reflexionsprozess
angeregt wurde über den Schutz der Menschenrechte während
bewaffneter Konflikte sowie bei Unruhen und internen Spannungen,
um die gegenwärtige juristische Situation zu klären, mögliche
Lücken normativer Natur zu erkennen und den Regierungen Vorschläge
zu deren Schließung zu unterbreiten.
Welche Zukunft
hat der Schutz der Menschenrechte in Europa?
Darin bestand
eines der Hauptthemen auf der Ministerkonferenz über die Menschenrechte
in Rom im November 2000. Die folgenden Themenbereiche sind - u.a.
- von einer gewissen Aktualität:
- die Modernisierung
der EKMR (vgl. supra);
- die EKMR,
die fortgesetzte Ausdehnung des europäischen Menschenrechtsraumes
und die Folgen für die Arbeitslast des Gerichtshofes;
- die Beziehungen
zwischen der EKMR und der Grundrechtecharta der Europäischen
Union;
- das Wechselverhältnis
zwischen dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften und
dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte;
- die Ausführung
der Urteile des Europäischen Gerichtshofes und die Verbesserung
der Umsetzung der EKMR in den Mitgliedstaaten.
Angesichts
des beständig wachsenden Antragsvolumens (um mehr als 20% im
Jahre 2000 gegenüber 1999) hat der Europäische Gerichtshof
für Menschenrechte seine Praktiken und Verfahrensmodalitäten
bereits verfeinert. Außerdem hat ein Verbindungsausschuss,
der sich aus Vertretern des Ministerkomitees des Europarates und
aus Richtern des Gerichtshofes zusammensetzt, dessen Haushaltsmittel
geprüft und eine Schätzung hinsichtlich der Finanzmittel
und Optionen vorgenommen, um die künftige Effizienz des Gerichtshofes
zu gewährleisten. Das Ministerkomitee plant, diesbezüglich
einen Bericht im September 2001 vorzulegen.
Im Dezember
2000 wurde auf dem Gipfel in Nizza die Grundrechtecharta der Europäischen
Union verkündet. Gemäß den auf dem Kölner Gipfel
(1999) getroffenen Übereinkünften wird die Frage des Anwendungsbereichs
der Charta später geprüft werden. Der Europarat, der in
der beratenden Versammlung (Konvention) vertreten war und einen
Entwurf zur Charta der EU ausgearbeitet hatte, hat die Art und Weise
begrüßt, in der die Verfasser das Dokument auf den Text
der EKMR und die in den Urteilen des Europäischen Gerichtshofs
für Menschenrechte ausgeführten Vorstellungen bezogen
haben. Die Ministerkonferenz über die Menschenrechte in Rom
im November 2000 hat die zentrale Rolle bekräftigt, die die
EKMR auch in Zukunft als konstitutionelles Instrument der öffentlichen
Ordnung in Europa, von der die demokratische Stabilität des
Kontinents abhängt, wird spielen müssen.
In Bezug auf
die Grundrechtecharta der EU haben die Minister die Notwendigkeit
betont, einen Weg zu finden, auf dem vermieden werden kann, dass
sich zwei Schutzsysteme in Europa gegenseitig Konkurrenz machen
und sogar miteinander in Konflikt geraten könnten. Dadurch
würde nämlich voraussichtlich der globale Schutz der Menschenrechte
in Europa geschwächt. Die Parlamentarische Versammlung des
Europarates weist ihrerseits auf die Notwendigkeit hin, darauf zu
achten, dass die Charta mit dem Schutzsystem der Menschenrechte
der EKMR voll und ganz im Einklang sein müsse. Darüber
hinaus hat die Versammlung dem Ministerkomitee empfohlen, unverzüglich
Verhandlungen mit der EU aufzunehmen, um es der Union zu ermöglichen,
durch die Ausarbeitung der notwendigen Veränderungen der Unions-
und Konventionsabkommen sobald wie möglich der EKMR beizutreten.
Eine weitere
Grundsatzfrage besteht in der Beziehung zwischen den europäischen
Gerichtsbarkeiten in Luxemburg (Gerichtshof der Europäischen
Gemeinschaften) und in Straßburg. Die beiden Gerichtshöfe
erkennen sich wechselseitig an und beobachten aufmerksam die jeweilige
Rechtspraxis in dem Bemühen, Divergenzen zu vermeiden. Delegationen
der beiden Gerichtshöfe statten sich wechselseitig Arbeitsbesuche
ab und die beiden Präsidenten tauschen sich häufig miteinander
aus. Natürlich muss eingestanden werden, dass im Falle eines
Konfliktes zwischen den Rechtsprechungen keine europäische
Instanz zu seiner Lösung vorgesehen ist. Es sei an dieser Stelle
betont, dass es sich dabei um seit langem existierendes Problem
handelt, über das bereits die Mitglieder der ad-hoc-Versammlung
befinden mussten, die 1953 damit beauftragt worden waren, einen
Vertragsentwurf zur Begründung einer politischen europäischen
Gemeinschaft auszuarbeiten (vgl. Artikel 43.3).
In der letzten
Zeit stößt man in den Fachzeitschriften auf eine beträchtliche
Anzahl an Artikeln mit interessanten Vorschlägen zu der Stärkung
des Wechselverhältnisses zwischen den beiden Gerichtshöfen
in Luxemburg und Straßburg.
Die volle und
gänzliche Umsetzung der Urteile des Europäischen Gerichtshofes
ist eine unabdingbare Voraussetzung für die Leistungsfähigkeit
und die Glaubwürdigkeit des Systems. Seit einigen Jahren interessiert
sich die Versammlung mehr für die nationale Umsetzung der Urteile
des Gerichtshofes und hat auch im September 2000 über diese
Fragen beraten. Die effiziente Einbeziehung der Rechtsklauseln der
EKMR durch die nationalen Gerichte ist ebenfalls von großer
Bedeutung, weil dadurch die Arbeitslast des Europäischen Gerichtshofes
für Menschenrechte verringert werden könnte.
Schlussfolgerungen
Wie es die
Konflikte der letzten Monate im Nordosten der ehemaligen jugoslawischen
Republik Mazedonien und die Krisen in anderen europäischen
Regionen zeigen, ist die Schlacht um die Menschenrechte noch nicht
gewonnen. Das Eintreten für diese Rechte erfordert eine Anstrengung
sowohl von Seiten der Zivilgesellschaft als auch der Regierungen
und internationalen Organisationen. Diese verfügen über
die notwendigen politischen und juristischen Instrumente, damit
sich die Dinge in die richtige Richtung entwickeln. Was ihnen bisweilen
fehlt, ist der politische Wille, sie auch einzusetzen.
Übersetzung
Forum (MT)
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