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• Der Europarat und die Menschenrechte
Die Konvention bildete den ersten bindenden multilateralen Vertrag im Bereich der Menschenrechte, der gleichzeitig supranationale Elemente beinhaltete. Dank der Konvention, die gegenwärtig von 41 europäischen Staaten - darunter allen Mitgliedsländern der Europäischen Union - ratifiziert worden ist, hat der europäische Einigungsprozess von einer soliden Grundlage ausgehen können. Die Ratifizierung der Konvention ist zur Voraussetzung für einen Beitritt zum Europarat geworden. Eine qualitative Weiterentwicklung der EKMR besteht darin, eine individuelle Klagemöglichkeit bei den Kontrollorganen der EKMR eingeführt zu haben. Dadurch konnten Einzelpersonen im internationalen Recht in Erscheinung treten, das ehemals den Staaten vorbehalten war. © 2001
Lord RUSSELL-JOHNSTON - Präsident der Parlamentarischen
Versammlung des Europarates


Die Anfänge des europäischen Einigungsprozesses und die Geschichte des Europarates, der im Jahre 1949 gegründet worden war, sind eng mit dem Projekt einer europäischen Menschenrechtscharta bzw. -konvention verbunden. Direkt nach dem Zweiten Weltkrieg waren sich die europäischen Gründungsväter darüber im Klaren, dass man das System einer begrenzten Staatssouveränität überwinden müsse. Eine grundlegende Voraussetzung für einen Neuanfang in Europa bestand somit darin, die Staaten internationalen Abkommen und einem bindenden europäischen Rechtssystem zu unterwerfen, das gegen Regierungen herangezogen werden könnte, die gegen die Menschenrechte verstoßen und deutlich vom Weg der Demokratie abweichen. Insofern ist es auch nicht weiter verwunderlich, dass Sir Winston Churchill bei der Eröffnung des Europakongresses in Den Haag im Mai 1948 darauf hingewiesen hat, dass "im Zentrum unserer Bewegung der Gedanke einer von der Freiheit gehüteten und von dem Recht gestützten Menschenrechtscharta" stehe. Nach der Gründung des Europarates und seiner Versammlung, dem Vorreiter des europäischen Parlamentarismus, strebten die europäischen Protagonisten nach Kräften nach der Schaffung eines europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte. Die Statuten des Europarates - obwohl darin ein deutliches Bekenntnis zugunsten der Menschenrechte zum Ausdruck kommt - enthält keinen Katalog an Rechten und deswegen also auch keine Mechanismen, um zu überprüfen, ob sie eingehalten werden. Noch in seiner ersten Sitzungsperiode im August/ September 1949 unterbreitet die Versammlung dem Ministerkomitee des Europarates ein Projekt zu einer europäischen Menschenrechtskonvention, die eine Liste mit zu schützenden Rechten und Vorschlägen für ein Kontrollsystem umfasst, das sich um eine Kommission und einen europäischen Gerichtshof für Menschenrechte organisiert. Nachdem überarbeitete Entwürfe zwischen der Versammlung und dem Ministerkomitee hin und her gegangen waren, verabschiedete letztere im November 1950 die Europäische Konvention der Menschenrechte (EKMR) in Rom. Mit Bedacht fiel die Wahl auf die Ewige Stadt Rom, Geburtsstätte der europäischen Zivilisation.

In seiner Eigenschaft als Hüter des gemeinsamen Erbes der europäischen Völker und angesichts der Tatsache, dass er weder einen Wirtschaftsverband noch ein militärisches Bündnis bildete, ist der Europarat seinem Wesen nach der Schutzhafen der Menschenrechte in Europa. Im Zentrum dieser Schutzfunktion steht die EKMR.

Die rechtliche Bedeutung der EKMR

Die Konvention bildete den ersten bindenden multilateralen Vertrag im Bereich der Menschenrechte mit einer gewissen Supranationalität. Die Hohen Vertragsschließenden Parteien "verpflichten sich dazu, den Entscheidungen des Gerichtshofes bei den Streitfällen, von denen sie betroffen sind, Folge zu leisten". Dank der Konvention, die gegenwärtig von 41 europäischen Staaten - darunter allen Mitgliedsländern der Europäischen Union - ratifiziert worden ist, hat der europäische Einigungsprozess von einer soliden Grundlage ausgehen können. "Sie bildet", wie Robert Schuhman es bei der Unterzeichnung der EKMR in Rom für Frankreich formuliert hatte, "den Grundstein, auf dem wir den Schutz des Menschen gegen jedwede Tyrannei und gegen jedweden Totalitarismus aufbauen wollen". Die Ratifizierung der Konvention ist zur Voraussetzung für einen Beitritt zum Europarat geworden.

Anfangs zählte der Rat nur zehn Mitgliedsstaaten. Dank der steten Erweiterung der Organisation konnte der europäische Menschenrechtsraum zuerst auf ganz Westeuropa, im Anschluss daran aber - seit 1989 - zum allergrößten Nutzen der Sicherheit der Menschen und der demokratischen Stabilität auf dem Kontinent auf fast alle Staaten Mittel- und Osteuropas ausgedehnt werden. Gegenwärtig sind nur drei Länder Osteuropas nicht Mitglied des Europarates: Weißrussland, Bosnien-Herzegowina und die Bundesrepublik Jugoslawien.

Eine qualitative Weiterentwicklung der EKMR besteht darin, eine individuelle Klagemöglichkeit bei den Kontrollorganen der EKMR eingeführt zu haben. Dadurch konnten Einzelpersonen im internationalen Recht in Erscheinung treten, das ehemals den Staaten vorbehalten war. Seit 1998 können sie sich direkt an den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Fragen des Schutzes der von der Konvention garantierten Rechte wenden, wenn die nationalen Rechtswege erschöpft worden sind. Seit seiner Gründung hat der Gerichtshof 2.000 Urteile gefällt, deren Medienecho und juristische Tragweite sich ständig vergrößert haben, was die integrierende Kraft des Gerichtshofes unterstreicht. Um den grundlegenden Wert der Konvention zu ermessen, muss man somit also die Rechtssprechung des Gerichtshofes, der die Konvention ja interpretiert und sie "im Lichte der heutigen Lage" mit Leben erfüllt, zunehmend mit einbeziehen.

Die politische Dimension der Konvention

Die EKMR offenbart den Willen ihrer Gründungsväter, dem Europarat Identität und eine Referenzfunktion zukommen zu lassen, indem sie konkret die Umsetzung der Grundprinzipien, wie sie in seinen Statuten zum Ausdruck kommen, garantiert. In diesem Sinne setzte sich die Parlamentarische Versammlung des Europarates dafür ein, dass in der Konvention ein Passus Eingang fand mit dem Ziel, dass die Staaten die allgemeinen Prinzipien der Demokratie ebenfalls respektieren. Deswegen enthält das erste Protokoll der EKMR eine "Demokratieklausel", in der die Regierungen dazu verpflichtet werden, in angemessenen Zeitabständen freie und geheime Wahlen zu organisieren.

Seit 1989 ist die Beobachtung von Parlaments- und Präsidentschaftswahlen in den mittel- und osteuropäischen Staaten durch den Europarat eine gängige Praxis geworden. Damit soll hauptsächlich die Legitimität des Wahlverfahrens gestärkt, das Vertrauen der Bürger in das Verfahren erhöht, ein Wahlbetrug verhindert, die Menschenrechte besser geschützt und zu einer Konfliktlösung beigetragen werden.

Die EKMR hat ebenfalls die ihm gesteckten europäischen Grenzen überschritten. Mehrere außereuropäische Staaten haben sich auf die Konvention gestützt, um in ihren Verfassungen einen Menschenrechtskatalog festzuschreiben.

Die Zusatzprotokolle der EKMR und die Verbesserung des Kontrollsystems

Der Präambel zufolge bildet die Konvention "die ersten Maßnahmen, die geeignet sind, eine kollektive Garantie der in der universellen Erklärung der Menschenrechte verankerten Rechte zu gewährleisten". Demnach konnte es also kaum überraschen, dass bereits in den 50er Jahren, oftmals auf Veranlassung der Versammlung Initiativen zur Vervollständigung der Liste der Schutzbestimmungen ergriffen wurden, die schließlich zur Verabschiedung der Zusatzprotokolle der EKMR Nr. 1, 4, 6, 7, 12 geführt haben, von denen das letzte noch nicht in Kraft getreten ist. Dadurch wurde die Konvention um rund fünfzehn zusätzliche Rechte bereichert, darunter z.B. das Recht auf Eigentum, das Recht auf Bewegungsfreiheit und darauf, seinen Wohnort zu wählen, das Recht auf Entschädigung im Fall von Justizirrtümern, das Aufenthaltsrecht für Ausländer, die Ausweitung der Schutzbestimmungen gegen Diskriminierungen und die Abschaffung der Todesstrafe in Friedenszeiten durch das Protokoll Nr. 6. Dieses Protokoll ist das Ergebnis langwieriger Bemühungen von Seiten des Rates sowohl auf parlamentarischer als auch intergouvernamentaler Ebene und wurde vor allen Dingen von der französischen Regierung unterstützt. Das Protokoll Nr. 12 weitet die Schutzbestimmungen der EKMR gegenüber Diskriminierungen aus.

Angesichts der steigenden Antragszahlen in Westeuropa in den 80er Jahren und in Osteuropa seit den 90er Jahren wurden mehrere Maßnahmen zur Verfahrensverbesserung getroffen. Im November 1998 ist die große Reform auf der Grundlage des Protokolls Nr. 11 der EKMR in Kraft getreten, die sich in erster Linie in der Zusammenlegung der Europäischen Menschenrechtskommission und des ehemaligen Gerichtshofes zu dem neuen, künftig einzigen und vor allem ständigen Gerichtshof niedergeschlagen hat. Trotz dieser weitreichenden Reform vermindert sich die Überbelastung des Gerichtshofes allerdings nicht. Ganz im Gegenteil: 1999 lag die Zahl der Anträge bei 8.400, im Jahre 2000 belief sie sich auf 10.500. Neue Maßnahmen erweisen sich somit als erforderlich und werden gegenwärtig auf der Grundlage der Vorschläge der Parlamentarischen Versammlung, der Ministerkonferenz über die Menschenrechte in Rom im November 2000 und der Richtlinien geprüft, die von dem Ministerkomitee vorgegeben werden.

Es sei ebenfalls darauf hingewiesen, dass der Parlamentarischen Versammlung die wichtige Funktion zukommt, auf der Grundlage einer dreiköpfigen Liste, die von den Staaten vorgelegt wird, die Richter am Gerichtshof zu ernennen. Die Versammlung hat sein Wahlverfahren verbessert, um die Qualifikation der Richter besser überprüfen zu können.

Die Initiativen des Europarates zur Wahrung der Menschenrechte in den Mitgliedstaaten

Die Organe des Europarates, insbesondere die Versammlung, sind immer dann zu einer Intervention, ja sogar zu einer Einmischung in die inneren Angelegenheiten der Mitgliedstaaten bereit, wenn dort die Menschenrechte bedroht oder schwer verletzt werden. Die wichtigsten Interventionen der Organisation vor 1989 betrafen das Militärregime in Griechenland (1967) und die Türkei nach der Machtübernahme durch die Armee im September 1980. Natürlich haben der Europarat und die Parlamentarische Versammlung in einer weiter zurückliegenden Vergangenheit auch in den Krisenherden in Westeuropa (z.B. in Nordirland, Zypern, Südtirol) für die Sache der Menschenrechte gestritten.

Seit dem Fall der Berliner Mauer im Jahre 1989 werden nun endlich die von dem Europarat und besonders seinem System zum Schutz der Menschenrechte vertretenen Werte von nahezu ganz Europa geteilt. Das ist zugleich ein Erfolg und eine große Herausforderung. Der Europarat hat zuallererst als eine erste Anlaufstelle für die Staaten Mittel- und Osteuropas (MOESt) gedient. Bei der Annäherung mit diesen Ländern war die Lage der Menschenrechte von grundlegender Bedeutung. Der Rat stand zu diesem Zeitpunkt zwei unterschiedlichen Situationen gegenüber:

- diejenigen MOESt, die in weiten Teilen mit der Demokratie und den Menschenrechten vertraut gewesen waren, bevor sie durch eine Diktatur darum gebracht wurden, und in denen es wichtig war, sie erneut zu verankern;

- die anderen MOESt, in denen es darum ging, die Demokratie und die Menschenrechte aufzubauen, zu stärken und zu verwurzeln, weil diese Länder damit noch nie zuvor wirklich in Berührung getreten waren.

In diesem letzten Fall erwartete den Europarat eine wirkliche Grundlagenarbeit. Abgesehen davon hat jeder MOESt spezifische Transitions- und Adaptationsprobleme aufgeworfen.

Um die Reformen in diesen Ländern zu stützen, hat der Rat seit 1989/90 Kooperations- und Hilfsprogramme entwickelt, die in einigen Fällen zusammen mit der Europäischen Union durchgeführt werden.

Außerdem galt es die politischen Voraussetzungen mit Blick auf einen Beitritt zur Organisation anzupassen, einerseits um die juristischen Errungenschaften des Rates zu bewahren, andererseits um neuen Erforderlichkeiten Rechnung zu tragen (Existenz der Todesstrafe in einigen MOESt, Situation in den Gefängnissen, Revision des Strafrechts, des Zivilrechts und der jeweils dazu gehörigen Verfahrensformen, Schutz der Minderheitenrechte usw.).

In der Hoffnung auf eine Beschleunigung der Reformen in den MOESt, allerdings auch in dem Bemühen, ihre Wiedereingliederung innerhalb der "europäischen Familie" nicht zu verzögern, hat der Europarat und vor allem die Versammlung den Beitritt der MOESt von ihrer Zustimmung zu präzisen Verpflichtungen abhängig gemacht (z.B. Ratifizierung der EKMR und seiner wesentlichen Protokolle spätestens ein Jahr nach Beitritt). Um die Einhaltung der eingegangenen Verpflichtungen zu gewährleisten, wurde mit dem sogenannten monitoring ein Überwachungssystem zuerst von der Versammlung im Jahre 1993 erarbeitet. Getrennt davon wurden von dem Ministerkomitee (1994) und dem Kongress der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften in Europa ergänzende Kontrollverfahren verabschiedet.

Trotz all dieser Anstrengungen der europäischen Organisationen, Regierungen und NGOs zur besseren Verankerung der Demokratie und der Menschenrechte in Osteuropa und trotz bedeutender Fortschritte, die erzielt wurden, ist es in manchen MOESt zu Instabilitäten gekommen. Auf dem Balkan und im Kaukasus sind Konflikte entfacht, und Mitte März 2001 ist eine bewaffnete Auseinandersetzung im Nordosten der ehemaligen jugoslawischen Republik Mazedonien ausgebrochen. Andere Spannungsgebiete bzw. Regionen ohne Rechtsstrukturen (z.B. Transdnistrien) bestehen in Europa weiter - mit allen bekannten negativen Auswirkungen hinsichtlich des Menschenrechtsschutzes. Eine weitere große Gefahrenquelle besteht in dem neuerlichen Aufflammen interner Konflikte, die die Entwicklung bremsen, die Wirtschaft in Mitleidenschaft ziehen und das Wiedererstarken der Nationalismen begünstigen.

Der Europarat hat in jedem Fall - oftmals in Zusammenarbeit mit der Europäischen Union und der OSZE - seine Hilfe und seine Dienste angeboten und hat sich nie gescheut, vor Ort aktiv zu werden (Kosovo, Tschetschenien, Moldau, Ukraine etc.)

Es sei auch darauf aufmerksam gemacht, dass innerhalb des Europarates ein Reflexionsprozess angeregt wurde über den Schutz der Menschenrechte während bewaffneter Konflikte sowie bei Unruhen und internen Spannungen, um die gegenwärtige juristische Situation zu klären, mögliche Lücken normativer Natur zu erkennen und den Regierungen Vorschläge zu deren Schließung zu unterbreiten.

Welche Zukunft hat der Schutz der Menschenrechte in Europa?

Darin bestand eines der Hauptthemen auf der Ministerkonferenz über die Menschenrechte in Rom im November 2000. Die folgenden Themenbereiche sind - u.a. - von einer gewissen Aktualität:

- die Modernisierung der EKMR (vgl. supra);

- die EKMR, die fortgesetzte Ausdehnung des europäischen Menschenrechtsraumes und die Folgen für die Arbeitslast des Gerichtshofes;

- die Beziehungen zwischen der EKMR und der Grundrechtecharta der Europäischen Union;

- das Wechselverhältnis zwischen dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften und dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte;

- die Ausführung der Urteile des Europäischen Gerichtshofes und die Verbesserung der Umsetzung der EKMR in den Mitgliedstaaten.

Angesichts des beständig wachsenden Antragsvolumens (um mehr als 20% im Jahre 2000 gegenüber 1999) hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte seine Praktiken und Verfahrensmodalitäten bereits verfeinert. Außerdem hat ein Verbindungsausschuss, der sich aus Vertretern des Ministerkomitees des Europarates und aus Richtern des Gerichtshofes zusammensetzt, dessen Haushaltsmittel geprüft und eine Schätzung hinsichtlich der Finanzmittel und Optionen vorgenommen, um die künftige Effizienz des Gerichtshofes zu gewährleisten. Das Ministerkomitee plant, diesbezüglich einen Bericht im September 2001 vorzulegen.

Im Dezember 2000 wurde auf dem Gipfel in Nizza die Grundrechtecharta der Europäischen Union verkündet. Gemäß den auf dem Kölner Gipfel (1999) getroffenen Übereinkünften wird die Frage des Anwendungsbereichs der Charta später geprüft werden. Der Europarat, der in der beratenden Versammlung (Konvention) vertreten war und einen Entwurf zur Charta der EU ausgearbeitet hatte, hat die Art und Weise begrüßt, in der die Verfasser das Dokument auf den Text der EKMR und die in den Urteilen des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte ausgeführten Vorstellungen bezogen haben. Die Ministerkonferenz über die Menschenrechte in Rom im November 2000 hat die zentrale Rolle bekräftigt, die die EKMR auch in Zukunft als konstitutionelles Instrument der öffentlichen Ordnung in Europa, von der die demokratische Stabilität des Kontinents abhängt, wird spielen müssen.

In Bezug auf die Grundrechtecharta der EU haben die Minister die Notwendigkeit betont, einen Weg zu finden, auf dem vermieden werden kann, dass sich zwei Schutzsysteme in Europa gegenseitig Konkurrenz machen und sogar miteinander in Konflikt geraten könnten. Dadurch würde nämlich voraussichtlich der globale Schutz der Menschenrechte in Europa geschwächt. Die Parlamentarische Versammlung des Europarates weist ihrerseits auf die Notwendigkeit hin, darauf zu achten, dass die Charta mit dem Schutzsystem der Menschenrechte der EKMR voll und ganz im Einklang sein müsse. Darüber hinaus hat die Versammlung dem Ministerkomitee empfohlen, unverzüglich Verhandlungen mit der EU aufzunehmen, um es der Union zu ermöglichen, durch die Ausarbeitung der notwendigen Veränderungen der Unions- und Konventionsabkommen sobald wie möglich der EKMR beizutreten.

Eine weitere Grundsatzfrage besteht in der Beziehung zwischen den europäischen Gerichtsbarkeiten in Luxemburg (Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften) und in Straßburg. Die beiden Gerichtshöfe erkennen sich wechselseitig an und beobachten aufmerksam die jeweilige Rechtspraxis in dem Bemühen, Divergenzen zu vermeiden. Delegationen der beiden Gerichtshöfe statten sich wechselseitig Arbeitsbesuche ab und die beiden Präsidenten tauschen sich häufig miteinander aus. Natürlich muss eingestanden werden, dass im Falle eines Konfliktes zwischen den Rechtsprechungen keine europäische Instanz zu seiner Lösung vorgesehen ist. Es sei an dieser Stelle betont, dass es sich dabei um seit langem existierendes Problem handelt, über das bereits die Mitglieder der ad-hoc-Versammlung befinden mussten, die 1953 damit beauftragt worden waren, einen Vertragsentwurf zur Begründung einer politischen europäischen Gemeinschaft auszuarbeiten (vgl. Artikel 43.3).

In der letzten Zeit stößt man in den Fachzeitschriften auf eine beträchtliche Anzahl an Artikeln mit interessanten Vorschlägen zu der Stärkung des Wechselverhältnisses zwischen den beiden Gerichtshöfen in Luxemburg und Straßburg.

Die volle und gänzliche Umsetzung der Urteile des Europäischen Gerichtshofes ist eine unabdingbare Voraussetzung für die Leistungsfähigkeit und die Glaubwürdigkeit des Systems. Seit einigen Jahren interessiert sich die Versammlung mehr für die nationale Umsetzung der Urteile des Gerichtshofes und hat auch im September 2000 über diese Fragen beraten. Die effiziente Einbeziehung der Rechtsklauseln der EKMR durch die nationalen Gerichte ist ebenfalls von großer Bedeutung, weil dadurch die Arbeitslast des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte verringert werden könnte.

Schlussfolgerungen

Wie es die Konflikte der letzten Monate im Nordosten der ehemaligen jugoslawischen Republik Mazedonien und die Krisen in anderen europäischen Regionen zeigen, ist die Schlacht um die Menschenrechte noch nicht gewonnen. Das Eintreten für diese Rechte erfordert eine Anstrengung sowohl von Seiten der Zivilgesellschaft als auch der Regierungen und internationalen Organisationen. Diese verfügen über die notwendigen politischen und juristischen Instrumente, damit sich die Dinge in die richtige Richtung entwickeln. Was ihnen bisweilen fehlt, ist der politische Wille, sie auch einzusetzen.

Übersetzung Forum (MT)



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